Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Paul von Rottenburg, Jena 18. August 1913

Jena 18.8.1913.

Liebster Freund!

Die Aussicht, Dich im September hier bei uns zu sehen, hat mich und meine Frau sehr erfreut! Du bist uns jederzeit hochwillkommen. Der kleine Kreis wirklicher lieber Freunde, deren Gedanken-Austausch uns wie ein wertvoller Genuß ist, wird ja leider mit zunehmendem Alter immer enger.

Wir beide alte Leute leben jetzt in unserer stillen „Villa Medusa“ so zurückgezogen, daß der Besuch eines so lieben treuen Freundes wie Du bist (– seit 1876, jetzt 37 Jahre! –) ein ganz besonders wertvolles Ereignis darstellt. ||

Wir bitten Dich nur, kurz zuvor den Tag anzuzeigen, an dem wir Dich erwarten dürfen. Leider können wir Dir ja in unserer beschränkten Villa dem „Schlossherrn von Dalnair“ kein seiner Würde entsprechendes Zimmer anbieten. Du findest jetzt hier außer dem alten „Baeren-Hôtel“ noch den vornehmeren „Fürstenhof“ (– sogenanntes „Palast-Hôtel“ –). –

Im September werden auch Meyers wieder hier sein, die 6 Wochen Regen und Schnee in Nord-Tyrol genossen haben.–

Der ganze Sommer war hier so naß und kalt, wie seit Anno 1780 nicht. Wir dürfen also sicher im September auf schöne Sonnentage rechnen.

Schwester Röschen befindet sich (nachdem sie 5 Monate durch eine böse Influenza an das Bett gebunden war) jetzt ganz leidlich und sendet mit mir Dir u. Deiner lieben Frau herzlichste Grüsse!

Also auf frohes Wiedersehen! Treulichst Dein

Ernst Haeckel.

 

Letter metadata

Verfasser
Datierung
18.08.1913
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 32957
ID
32957