Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Paul von Rottenburg, Jena, 21. Januar 1913

Jena 21.1.1913.

Liebster Freund!

Beifolgendes Bücher-Paket bitte ich Dich als verspätetes Weihnachtsgeschenk freundlich entgegen zu nehmen, und zugleich als bescheidenen Dank für die reichen Gaben, mit denen Du uns zu Weihnachten wiederum erfreut hast. Der Genuß der verschiedenen vortrefflichen Marmeladen etc. erinnert mich täglich an Deine gütige Fürsorge!

Von den Büchern wird Artur Fürst:Die Wunder um uns“ – nicht nur Dich, sondern auch Deine beiden physikalischen Söhne interessiren; ich habe diese vortreffliche populäre Darstellung der erstaunlichen neuesten Fortschritte der Physik und Technik mit Bewunderung gelesen.

Das „Wörterbuch der Biologie“ hat mein langjähriger Assistent Heinrich Schmidt (jetzt Archivar im Phyletischen Archiv) recht geschickt verfaßt. ||

Von dem hübsch illustrirten Werke „Land und Leute“ (Monographien zur Erdkunde) habe ich Dir, wenn ich nicht irre, schon früher einige Hefte geschickt. Ich sende daher heute nur 4 neuere Hefte, die Du wohl noch nicht hast. (Thüringen, Rhein, Riviera, Ober-Italiänische Seen). Im letzten Heft (25) findest Du auf der Rückseite des Cartons das Verzeichnis der übrigen Hefte. Was Du davon wünschest, schicke ich Dir gern. – Eigentlich wollte ich Dir auch das hochinteressante Werk von Amundsen senden: „Eroberung des Südpols“ (1912). Da er aber Dein Gast war, hat er es Dir wahrscheinlich schon geschenkt. Andernfalls bitte ich um Nachricht; ich werde es Dir dann sofort zuschicken. Auch sonstige literarische Wünsche werde ich stets gern befriedigen. ||

Hoffentlich hast Du das Neue Jahr 1913 (– dessen politischer Horizont bedenklich bewölkt ist, trotz aller Weisheit der rührend einmütigen „Großmächte“! –) in bester Verfassung angetreten. Ich hätte Dir freilich viel lieber gewünscht: in Teneriffa – oder in Indien! – statt in Glasgow! –

Wir hier in Jena haben bisher einen selten milden Winter, mit sehr wenig Eis und Schnee, nur an einzelnen Tagen. Dafür herrscht hier seit 3 Wochen eine sehr unangenehme Influenza, der auch alle Bewohner der Villa Medusa ihren Tribut gezahlt haben. Schwester Röschen, die am meisten zu leiden hatte, grüßt Dich und Deine liebe Frau mit mir herzlichst!

Treulichst Dein alter

Ernst Haeckel. ||

Die innere Einrichtung des Phyletischen Museums (vor 4 Jahren begonnen) ist seit 20. Mai 1912 vollendet und dem Besuche zugänglich.

 

Letter metadata

Verfasser
Datierung
21.01.1913
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 32952
ID
32952