Jena 1.6.1896.
Liebster Freund!
In einigen Wochen wird Dich (Deine Erlaubniß vorausgesetzt) einer meiner besten jungen Schüler besuchen, Dr. Leo Schultze, der Sohn meines hiesigen Collegen (Gynaecologe) und der Neffe des berühmten Anatomen Max Schultze (Bonn). Er will einige Monate zum Studium von Schottland und England benutzen, auch (wenn möglich) bei Murray in Granton arbeiten (Medusen, Polypen etc.). ||
Leo S. ist von Talent und Character ausgezeichnet. (Er hielt am 16.2.94, an meinem 60. Geb. Tage, die ausgezeichnete Rede, die in meiner Festschrift steht). Er will direct über Hamburg per Schiff nach Edinburgh fahren und Dich bald einmal besuchen – wenn es Dir paßt !!
– Mir geht es leidlich. Aber meine arme Frau ist fortdauern leidend an Neuralgie etc. (nun schon 7 Monate!). Sie soll, so bald als möglich, auf || einige Monate in’s Gebirge gehen, zunächst nach Friedrichsroda, später Schweiz. Ich hoffe auch im August (oder Septb.) etwas in die Alpen gehen zu können, muß aber erst den letzten Theil meiner Syst. Phylog. fertig machen.
Falls Du in unsere Nähe kommst, hoffe ich sehr auf Deinen lieben Besuch. Hoffentlich bessert sich inzwischen der Zustand meiner armen Frau. ||
Dir u. Deiner l. Familie die herzlichsten Grüße von Deinem treuen alten
Ernst Haeckel
P. S. Nochmals herzlichsten Dank für Deine sehr nützlichen Empfehlungen von Heinrich nach Danzig; die Aussichten scheinen nicht übel zu sein (– trotz großer Concurrenz, wie überall!).