Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Paul Rottenburg, Jena, 24. August 1889

Jena 24. Aug. 89

Liebster Freund!

Selbstverständlich werden wir uns sehr freuen, wenn Du uns mit Deinen Söhnen in nächster Woche besuchst! Hoffentlich sind wir – d. h. meine Frau und ich – dann wieder so weit hergestellt um Euch würdig empfangen zu können. Wir waren Beide den ganzen August krank. Ich bekam mit Semester-Schluß eine Entzündung der Achilles-Sehne, die mich 3 Wochen zum Liegen zwang. Meine Frau hatte gleichzeitig einen Rückfall ihres alten Nieren-Leidens und liegt noch zu Bett. Alles um so ärgerlicher, als wir den Sommer über sehr frisch und gesund gewesen waren. ||

– Anfang September sollen wir Beide (– wenn möglich! –) in ein Bad gehen (Wiesbaden oder Baden-Baden). Ich bezweifle aber, ob ich bis dahin schon wieder gehfähig sein werde. – Trotz allen diesen Querstreichen hoffe ich doch, daß Ihr uns mit Eurem Besuche erfreut. Was möglich ist, um Euch diese Excursion angenehm zu machen, soll geschehen! Leider war das Wetter den ganzen August hier miserabel! täglich Regen und Kälte! Auch Juli sehr schlecht, während Mai und Juni tadellos schön waren, fast kein Regen! Wir hoffen nun auf September!

– Ich hatte gehofft, nach Abschluß der 12 jährigen Challenger-Arbeiten, diesen || Sommer ganz der Erholung insbesondere der Malerei widmen zu können; das erste Gemälde sollte die „Rottenburg“ in Tirol sein! Leider ist aus allen diesen schönen Träumen Nichts geworden! Ich bekam im Frühjahr die kategorische Mahnung meines Verlegers, endlich die achte Auflage meiner „Natürlichen Schöpfungsgesch.“ in Angriff zu nehmen, und zwar mit Gründen, die mich bestimmten ihr den ganzen Sommer zu opfern! In diesen Tagen wird das Manuscript der Hetz-Arbeit glücklich fertig. Ich bedarf aber nun gründlicher Ausspannung!

Auf frohes Wiedersehen!

Mit herzlichsten Grüßen

Dein treuer Ernst Haeckel

 

Letter metadata

Verfasser
Datierung
24.08.1889
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 32771
ID
32771