Ernst Haeckel an Carl Theodor Ernst von Siebold, Jena, 18. Februar 1879
Jena 18 Februar 79
Lieber, hochverehrter Freund!
Du hast mich durch Deinen freundlichen Geburtstags-Brief diesmal recht beschämt! Ich hatte aber in dieser letzten Woche mit Abschließung eines dringlichst verlangten Manuscriptes, das im Druck begriffen ist, und mit Vollendung einer eben so dringend von Lithographen gewünschten Tafel so viel zu thun, daß ich absolut nicht zum Schreiben eines einziges Briefes Zeit gewinnen konnte! || Gestern erst habe ich diesea beiden dringlichen Verlangen befriedigen können, und so soll es denn heute mein Erstes sein, Deinen lieben Brief zu beantworten und Deine freundschaftlichen Glückwünsche zum Geburtstag von Herzen zu erwidern. Ich habe ungemein bedauert zu hören, daß Du Ärmster wieder so Viel mit schmerzhaften Gicht-Anfällen geplagt bist. Hoffentlich geht das böse Leiden mit dem Winter zieht ab! || Im Sommer bist Du ja wohl immer mehr verschont geblieben. Daß Dir das Wildbad, welches Dir früher so treffliche Dienste geleistet, diesmal dieselben versagt hat, thut mir recht Leid; hoffentlich hilft es das nächste Mal besser!
Mir und meiner Familie geht es im Ganzen gut, abgesehen von den, in diesem Winter hier besonders häufig und hartnäckig wiederkehrenden Catarrh Anfällen, an denen alle Welt hier leidet. Meine Monographie der Medusen (mit 40 Tafeln) ist nun bald vollendet. Ich hoffe sie Dir im Sommer noch schicken zu können. || Dagegen werden die Radiolarien der Challenger noch mehrere Jahre Arbeit bedürfen. Die 100 Tafeln (von denen 1/3 fertig ist) werden kaum ausreichen, um die kleinere Hälfte der neuen Arten und Gattungen abzubilden; so fabelhaft reich ist die Mannichfaltigkeit der Formen in dieser Protisten Classe – besonders in Tiefen von 12,000 – 20,000 Fuss.
– Deiner lieben Frau Gemahlin unsere besten Empfehlungen! Dir selbst wünscht von Herzen für das neue Lebensjahr Alles Gute Dein Dich aufrichtig verehrender
Ernst Haeckel
(nebst Frau!)
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