Jena 18 Febr 1878
Lieber Freund!
Ihr Entschluß, diese Osterferien in Corfu zuzubringen, ist höchst lobenswerth und wird Sie sicher nicht gereuen. Es ist einer der reizendsten Fleckchen von Europa, diese Phäaken-Insel, und im Hôtel Bella Venezia sind Sie vorzüglich aufgehoben (10 Francs Pension). 5 Minuten davon ist der alte Hafen, allerdings nur klein, aber mit sehr viel festsitzendem Zeug bewachsen, Spongien Bryozoen, Hydroiden etc. Er ist nicht tief, 6–20 Fuß. || Unter den Hydroiden ist eine sehr schöne große Coryne häufig, die leider damals nicht fructificirte. Von Korallen habe ich häufig Rhizoxenia rosea und Cornularia cornucopiae gefunden, über die ich demnächst eine kleine Arbeit publiciren werde.Von Echinodermen ist nicht viel da; Larven habe ich gar nicht gesehen; überhaupt war die pelagische Fischerei sehr unergiebig. Dagegen ist der Ort sehr günstig für Mollusken, die um die Osterzeit als Fastenspeise haufenweis verzehrt werden (Pinna, Pecten, Spondylus etc). ||
In dem kleinen Graben der Festung, der zum kleinen Hafen führt; ist Aplysia (riesig groß, ¾ – 1 Fuß lang!) täglich dutzendweis zu haben, ebenso Teredo (in altem Holze). Im Übrigen genießen Sie aber die herrliche Natur und machen Sie ordentlich Excursionen, mit den liebenswürdigen Fels, die ich herzlich zu grüßen bitte!
– Von Gegenbaur hörte ich gestern, daß die Heidelberger Stelle Bütschli bekommt, aus Billigkeits-Rücksichten! Sie und ich sind von der Facultät gar nicht vorgeschlagen worden! Der biedere Claus hatte sich direct beworben! Aber umsonst!! || Er hatte sogar angeboten, im Gehalte herunter zu gehen! Die Zahl der Candidaten war groß. Ich denke, wir Beide trösten uns!
Mit herzlichsten Grüßen
Ihr treu ergebener E. Haeckel