Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an August Weismann, Jena, 1. August 1868

Jena 1 August 68

Mein lieber Weismann!

Zunächst meinen herzlichsten Glückwunsch zu der Geburt Ihres Töchterleins, welches hoffentlich zu Ihrer Freude gedeiht. Daß Ihre Augen Ihnen aber immer so viel Noth machen, ist mir sehr leid. Ich wünsche von Herzen, daß Ihnen das Seebad die gewünschte Besserung bringen möge. Ich kann leider diesmal nicht an der See mit Ihnen zusammen treffen. Ich erwarte nämlich gegen Ende September die Niederkunft meiner Frau, und da ich erst in der zweiten Hälfte August von hier fort kann, so werde ich nur etwa drei Wochen (vom 22 August bis 14 Sept. circa) auf die Ferienreise verwenden können. Ich denke nach Oberbaiern und Südtyrol zu gehen, und mich dort ohne, große Touren zu machen, etwas zu a erholen. Ich bin sehr überarbeitet, vorzüglich durch meine || „natürliche Schöpfungsgeschichte“, deren Druck (35 Bogen) in diesen Tagen beendigt wird. Es ist wesentlich eine populäre Darstellung der in meiner generellen Morphologie entwickelten Ansichten. Für meine Echinodermentheorie habe ich, beilaufig bemerkt, neuerdings in silurischen Würmern sehr gewichtige Zeugnisse entdeckt.

Sollte ich auf der Rückreise über Freiburg kommen, so würde ich natürlich einen Versuch machen, Sie zu sehen. Sie werden aber dann wohl kaum zurück sein. Jedenfalls hoffe ich sehr, Sie bald einmal wieder zu sehen. Vielleicht kommen Sie auf Ihrer Rückreise hier vorbei, und scheuen dann gewiß den kleinen Abstecher nach unserem Saalthal nicht! ||

Ob Gegenbaur in diesen Ferien nach Freiburg kommt, weiß er noch nicht. Seine Reisepläne stehen noch nicht sicher. Doch geht er wahrscheinlich in Ihre südwestdeutsche Ecke, für die wir Beide eine große Vorliebe haben.

Das Neueste von hier ist, daß Pringsheim (als Akademiker) nach Berlin zurückgeht. Über seinen Nachfolger verlautet noch Nichts. Wir verlieren Nichts an ihm!

Mit den herzlichsten Grüßen und Wünschen für Ihre Besserung, sowie mit der Bitte, mich Ihrer lieben Frau unbekannter Weise zu empfehlen

Ihr treu ergebener

Haeckel.

Gegenbaur grüßt herzlich.

a gestr.: für

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
01.08.1868
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., Autographensammlung
Signatur
Autographen-Nr. 1078
ID
32507