Ernst Haeckel an Wilhelm Engelmann, Jena, 31. Oktober 1899
ZOOLOGISCHES INSTITUT
DER UNIVERSITÄT JENA.
JENA, DEN 31.10.1899.
Lieber Engelmann!
Für die Zeilen freundschaftlicher Theilnahme, die Du an mich nach Rom richtetest, sage ich Dir meinen herzlichen Dank. Der Unfall im Sabiner-Gebirge (Contusion des Knie Gelenks beim Sturze meines Maulthiers in einem felsigen Engpaß) war nicht so schlimm als es anfangs schien. Nachdem ich 8 Tage ruhig in dem (vortrefflichen) Deutschen Hospital in Rom gelegen, konnte ich die Rückreise antreten. ||
Meine Ferien-Reise war im Übrigen befriedigend und brachte mir Erholung von der Überarbeitung des letzten Jahres. Während des September war ich in Ajaccio mit Plankton-Studien beschäftigt. Abgesehen von Copepoden, bestand das „Microplankton“ diesmal fast nur aus Protisten-Massen: viele interessante Radiolarien, Diatomeen Peridinien etc. Dagegen sah ich keine einzige Meduse, Siphonophore, Ctenophore, Salpe, Sagitta etc. Nebenbei malte ich viel Aquarell in den herrlichen Gebirgs Wildnissen von Corsica. ||
Während Deines Besuchs in Jena abwesend gewesen zu sein, habe ich sehr bedauert.
Hoffentlich habt Ihr Euch jetzt in dem „physiologischen Palaste“ der Kaiser-Metropole und deren glänzender Gesellschaft befriedigend eingelebt.
Mit besten Grüßen und Wünschen für Dich und Deine liebe Frau
Dein alter
Ernst Haeckel.
P.S. Meine Frau, die im September sehr leidend war, ist auf der Besserung, muß jedoch noch das Bett hüten.