Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Max Fürbringer, Rapallo, 12. Dezember 1903

Rapallo (Hotel Eden)

12.12.1903

Lieber Fürbringer!

Seit 7 Wochen bin ich hier mit meiner Frau in Rapallo, in der kleinen behaglichen Pension Eden, nahe am Meeresstrand, mit Blick auf den herrlichen Golf und seine malerische Küste; wir sind fast allein und geniessen die Ruhe des Stillebens in der schönen Mittelmeer-Natur um so mehr, als das letzte Jahr für uns reich an Familien-Sorgen, und für mich an aufreibender Arbeit und Unruhe war. Ein kleines (leer stehendes) Zool. Laboratorium, nahe meinem Hotel, das Camerano (Turin) hier eingerichtet hat, bietet mir Gelegenheit, meine alten „Plankton-Studien“ fortzusetzen. Ausserdem bin ich Vormittags mit einer allgemein biolog. Arbeit beschäftigt. Nachmittags gehe ich spazieren und aquarelliere. Abends wird gelesen. Ausser einigen Besuchen von Genua-Collegen haben wir noch Niemand hier gesehen. Meine Frau, die die letzten beiden Winter sehr leidend war, hat sich in dem milden Klima hier sehr erholt. Fast den ganzen November hatten wir das schönste sonnige Herbstwetter; seit 14 Tagen stürmt und regnet es. Von Jena am 17. Oct. angereist, sind wir des schlechten kalten Wetters wegen direct nach Genua gefahren und wollen unsre Kinder in Sonthofen auf der Rückreise im April besuchen. Unsere Absicht, Anfang 1904 nach Messina überzusiedeln werden wir wohl aufgeben, da meine Frau sich hier sehr wohl fühlt und die weitere Reise scheut, besonders die Seefahrt. Von unseren Kindern haben wir gute Nachrichten. Ich würde mich sehr freuen von Dir und den Deinen Gutes zu hören.

Mit herzlichen Grüssen, auch von meiner Frau

Dein alter Ernst Haeckel.

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Empfänger
Datierung
12.12.1903
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 32365
ID
32365