Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Max Fürbringer, Haag, 5. Oktober 1890.

Haag, 5. Oct. 1890.

Lieber Freund und College!

Ihren freundlichen, gestern Abend eingetroffenen Brief beeile ich mich sofort zu beantworten. Zunächst meinen herzlichsten Dank für Ihr gütiges Anerbieten, meine Tochter mit nach Amsterdam zu nehmen und zu beschützen. Ich würde davon unter günstigeren Verhältnissen sehr gerne Gebrauch gemacht haben, wie es ja auch bereits beschlossen war, dass meine Tochter am 1. Oct. mit mir dort eintreffen sollte. Allein in Folge der 14tägigen Verschiebung der Sm. Feier in A. haben sich die Verhältnisse gänzlich geändert, namentlich auch mit Bezug auf unsere holländischen Verwandten. Ich muss nach der Sm. Feier unmittelbar nach Jena zurückreisen (am 16. oder 17.); ich bin dann schon über 2 Monate von Hause fort, und werde eine Fülle dringlicher Arbeiten und Correspondenzen zu erledigen haben. So würde also meine Tochter nur wenige Tage in Holland zubringen und nur einen sehr flüchtigen Einblick in dessen eigenthümlichen Character gewinnen können. Dieser würde aber ausser Verhältnis stehen zu dem beträchtlichen Aufwande von Zeit, Mühe und Kosten, welche die lange Reise erfordern würde. Da meine hiesigen Verwandten (Mulders) am 12. Oct. mit mir nach Amsterdam reisen wollen, später aber hier selbst anderen Besuch erwarten, würde meine Tochter nicht einmal Gelegenheit haben, bei ihnen einige Tage zu bleiben und Haag kennen zu lernen. Kurz, die ganze Konstellation ist bei der jetzt so knapp zugemessenen Reise-Frist so ungünstig, dass Lisbeth besser diesmal auf Holland verzichtet. Von der Sm. Feier in A. würde sie || ohnehin Nichts gehabt haben. Dazu kommt noch, dass ich Ruge’s nicht allzusehr zur Last fallen möchte. Auch für Sie selbst und Ihre liebe Frau würde die Begleitung von Lisbeth mancherlei Sorgen und Unbequemlichkeiten zur Folge gehabt haben, mit denen ich Sie verschonen möchte! Sie wissen ja als erfahrener Tourist, wie viel schwieriger und unbequemer sich zu Dreien als zu Zweien reist! Also nochmals herzlichsten Dank! –

Meiner Frau habe ich gestern in gleichem Sinne geschrieben, ihr übrigens die definitive Entscheidung (und Verantwortung!) überlassen. –

Mit herzlichsten Grüssen an Sie und Ihre liebe Frau, und in der Hoffnung eines recht fröhlichen Wiedersehens,

Ihr treuer E. Haeckel.

 

Letter metadata

Gattung
Verfasser
Empfänger
Datierung
05.10.1890
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 32277
ID
32277