Ernst Haeckel an Albert Niess, Jena, 21. Dezember 1879
Jena, 21. Dec 79
Lieber Freund!
Sie haben durch Ihre beiden freundlichen Weihnachts-Sendungen uns so reichlich mit Süßigkeiten und schönen Braunschweiger Wurst-Producten bedacht, daß ich Ihnen im Namen meiner Frau und der kleinen eßlustigen Kinder-Gesellschaft den herzlichsten Dank sagen muß. Zugleich knüpfe ich aber daran die Bitte, diesen Luxus nicht als regelmäßigen Weihnachts-Besuch wiederkehren zu lassen! Schenken Sie lieber Ihre freundlichen Weihnachts-Gaben || an Bedürftige, und denken dabei an mich! Es ist mir immer peinlich, Ihnen keine entsprechende Gegengabe senden zu können. Mit meiner populären Schriftstellerei ist es jetzt auf Jahre hinaus vorbei, da ich ganz durch meine umfangreichen wissenschaftlichen Special-Arbeiten in Anspruch genommen bin, die Medusen u. die Radiolarien. Gar oft möchte ich auch wieder Etwas Allgemeines schreiben, kann es aber nicht, ehe jene zeitraubenden Detail-Forschungen nicht beendigt sind. ||
Die gewünschte Photographie der Kinder sollen Sie haben, sobald dieselbe (bei Eintritt wärmeren Wetters) angefertigt werden kann. Sie ist schon lange beabsichtigt.
Um Ihnen wenigstens ein kleines sichtbares Freundschaftszeichen zu Weihnachten zu senden, folgt anbei der neueste Roman meines früheren Jenenser Collegen Ebers, des Aegyptologen. Er wird sehr gerühmt. Ich komme jetzt gar nicht mehr zum Lesen, so sehr bin ich beständig mit Arbeits-Überfluss in Anspruch genommen! || Das II. Heft meiner „Gesammelten populären Vorträge“ habe ich Ihnen doch geschickt? Sollte es aus Versehen unterblieben sein, so bitte ich dies zu melden; es soll sofort dann folgen.
– Die Mittheilungen von Ihren Kämpfen und Mühen habe ich mit herzlicher Theilnahme gelesen. Ich kenne das aus eigener schmerzlicher Erfahrung! Sehr gefreut aber hat es mich, daß Ihre Leistungen solche Anerkennung finden!
Mit besten Wünschen für das kommende Jahr und mit herzlichen Grüßen
Ihr
E. Haeckel