Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Albert Niess, Potsdam, 1874

Potsdam 5. April 74

Lieber Herr Niess!

Sie haben mir zwar verboten, Ihnen für Ihre freundliche Gabe zu danken. Indessen würde es doch von mir der schwärzeste Undank sein, wollte ich Ihnen nicht wenigstens (ohne alle überflüssigen Redensarten!) kurz sagen, daß Ihr Fäßchen Mumme glücklich in Jena angekommen ist, mir vortrefflich mundet und täglich zur Hebung meiner Kräfte beiträgt. Wenn ich also jetzt, nach sechswöchentlicher Unfähigkeit zu arbeiten, mich endlich wieder erhole, so muss ich das großentheils Ihrer liebenswürdigen Aufmerksamkeit zuschreiben! || Jetzt bin ich hier einige Ferien-Tage bei meiner Mutter zum Besuche, werde aber schon nächste Woche wieder in Jena sein. Auf Ihren versprochenen Besuch freue ich mich sehr! Am besten ist es, wenn Sie im Juni oder Juli kommen, da ist es in Jena am schönsten. Hoffentlich sind Sie gut zu Fuße, dann wollen wir ordentlich auf unseren schönen Bergen umhersteigen, die sehr viel prächtige Partien bieten und doch sehr wenig bekannt sind. Bis zum Juni hoffe ich auch mit dem neuen Buche fertig zu sein, mit welchem ich Sie überraschen will. ||

Meine Schöpfungsgeschichte ist jetzt in mehreren Übersetzungen erschienen und fängt nun erst recht im Auslande zu wirken an, wo sie bis dahin nicht viel bekannt war. Andrerseits bekomme ich – neben vielen freundlichen Anerkennungen – neuerdings auch a manchmal Spottgedichte und Drohbriefe zugeschickt, Alles zur größeren Ehre Gottes!

Nun nochmals meinen herzlichsten Händedruck statt des verbotenen Danks! Mit den freundlichsten Grüßen an Sie und Ihre liebe Frau

Ihr treu ergebener

Haeckel

a gestr: xxx

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
05.04.1874
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
Stadtarchiv Braunschweig
Signatur
G IX 8: 11
ID
31902