Jena, 14. Novbr. 1907
Herrn Ingenieur Peter Fölsch, Hannover.
Hochgeehrter Herr!
Ihre freundliche, eben eingetroffene Mitteilung von einem diluvialen Schädel-Funde, der dem Schädel von Eugis nahe steht und wahrscheinlich der Rasse des Homo primigenius (Neandertal, Spy, Krapina) angehört, hat mich in hohem Maaße interessiert.
Ich danke Ihnen herzlich für die gütige Erlaubniß, dieses wertvolle Objekt zu untersuchen und zu beschreiben; und bitte Sie, das betreffende Kistchen (zugleich mit den anderen daselbst gefundenen Knochenresten) eingeschrieben (– oder Wertpacket –) unfrankiert an das hiesige Zoologische Institut zu senden. Selbstverständlich werde ich die Objekte mit größter Sorgfalt und Schonung behandeln, und sie nach vollendeter (möglichst bald vorzunehmender) Untersuchung Ihnen unversehrt zurücksenden.
Bei der hohen Wichtigkeit, die solche fossile Funde von menschlichen Skeletresten besitzen, und der Möglichkeit, daß noch andere Knochen in denselben diluvialen Kießschichten des Leinetals sich finden, bitte ich Sie bei weiteren Ausgrabungen an derselben Örtlichkeit die Arbeiter besonders darauf aufmerksam zu machen; namentlich auf Unterkiefer, || Zähne und andere Fragmente.
Vielleicht haben Sie selbst die Güte, möglichst sorgfältige Angaben über die Fundstättea, ihre geologischen und topographischen Verhältnisse eventuellen Fund von anderen Knochen, primitiven Steinwerkzeugen u. s. w. zusammen zu stellen, so daß ich sie als Ihre eigene Beobachtung in meine Abhandlung aufnehmen kann.
Die vergleichende Untersuchung ist mir gerade jetzt besonders interessant, weil ich kürzlich in den Besitz eines merkwürdigen Gorilla-Schädels und anderer Affen-Schädel gelangt bin.
Mit wiederholtem besten Danke
hochachtungsvoll
Ihr ergebener
Ernst Haeckel
a korr. aus: Fundstücke