Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Wilhelmine Hintze, Jena, 18. Oktober 1912

Jena 18.10.12.

Liebe Freundin!

Die Absendung meiner versprochenen Siphonophoren-Monographie (Challenger) hat sich etwas verzögert, da ich 3Wochen wegen arger Hüftgelenks-Schmerzen nicht in das Archiv gehen konnte. Nun sende ich sie Ihnen zusammen mit Kleinsorgens „Cellular-Ethik“ und mit Breitenbach’s October-Heft (10) über „Energetik“ etc. Bitte Alles zu behalten.

Wenn Sie sich in das schwierige (– aber sehr interessante! –) Studium der Siphonophoren tiefer einlesen wollen, wird es gut sein, daß Sie vorher das betreffende Kapitel in Richard Hertwigs Zoologie lesen, oder meinen Aufsatz über „Arbeitsteilung“ (in den Gesammelten Populären Vorträgen). || Für Ihren lieben Besuch, der mich sehr erfreut hat, sage ich Ihnen nochmals herzlichen Dank! – Am Samstag (12.10.) war Prof. Plate (– zum ersten Mal seit 2½Jahren! –) bei mir u. besprach mit mir (2½Stunden lang!) die Verhältnisse zum Phyletischen Archiv und zu Dr. Heinrich Schmidt. Er war auffallend höflich und anständig u. hat offenbar sein Unrecht bereut. Das Ergebnis war im Allgemeinen befriedigend; nur will er die Tätigkeit von Dr. Heinrich Schmidt ganz als Privat-Arbeit angesehen wissen, und seine absolute Autorität als Direktor des Phyletischen Museums streng wahren.

Mit herzlichen Grüßen an Sie und an Dr. Reh treulichst Ihr alter

Ernst Haeckel. ||

[gedrucktes Rundschreiben:]

Phyletisches Museum in Jena.

Zahlreiche Anfragen, betreffend den Besuch des neuen Phyletischen Museums in Jena, veranlassen mich zu folgender Mitteilung. Das Gebäude des Museums (Neugasse 22), welches innerhalb Jahresfrist fertig gestellt wurde, ist zwar am 30 Juli 1908 der Universität Jena – bei Gelegenheit ihrer 350jährigen Jubelfeier – als Eigentum übergeben worden; es ist aber noch so feucht, dass die innere Ausstattung und das Einräumen der wertvollen Sammlungen erst im nächsten Frühjahr beginnen kann. Voraussichtlich wird diese umfangreiche Arbeit noch das ganze nächste Jahr in Anspruch nehmen, so dass die Oeffnung der Schausammlungen für das Publikum erst im Frühjahr 1910 stattfinden kann.

Die Geldmittel für den Bau und die Ausstattung des Museums sind lediglich durch freiwillige Beiträge meiner Schüler und Freunde, sowie durch hochherzige Gaben von begüterten Anhängern der Entwickelungslehre gesammelt worden. Weitere Gaben dafür nimmt dauernd das „Rentamt der Universität Jena“ entgegen, das darüber zu quittieren amtlich ermächtigt ist. Von den Erträgen dieser fortgesetzten Sammlung wird es abhängen, ob dieses „Erste Museum für Entwickelungslehre“ in vollem Maße das hohe Ziel erreichen wird, welches mir bei seiner Gründung im Beginne des Jahres 1907 vor Augen stand, die Schaffung einer öffentlichen Bildungsstätte für wahre Natur-Erkenntnis, eines Tempels für den Kultus des Wahren, Guten und Schönen.

JENA, 18. August 1908.

ERNST HAECKEL.a

a gestr.: Phyletisches Museum … ERNST HAECKEL.

 

Letter metadata

Verfasser
Datierung
18.10.1912
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 31704
ID
31704