Paul Rottenburg an Ernst Haeckel, o.O., 17. Mai 1899
Royal Mail Steamship „Etruria“
17 Mai 99
Liebster Freund!
Da wäre ich schon wieder auf dem Rückwege nach Europa und hoffe nächsten Sonntag in Frankfurt zu sein bei meiner armen Tante, die einen Schlaganfall gehabt hat und gelähmt darnieder liegt. Die Nachricht davon, welche mich in Chicago drauf, die Ursache der 10 Tage früheren Abreise als || originaliter beabsichtigt. – Sohn filius Louis habe ich drüben gelassen, da er in seinem electrischen Fache noch Viel zu sehen hatte. Ich habe die 3 Wochen sehr genossen – neben vielen Geschäftsfreunden mir Norfolk – Philadelphia – Baltimore – Washington – St. Louis – Chicago und last not least Niagara angesehen. Ein liebenswürdiger Bremer Freund bestand darauf daß wir bei ihm in N. Y. wohnten und machte uns mit seiner Frau mehr || als comfortable. – Am Niagara hätte ich Dich gerne neben mir gehabt – der Rest ist Nichts für Dich. Den Städten geht bis auf Baltimore jede Poesie ab – Washington ist protzig und der Rest ein Conglomerat von Speichern Läden Fabriken und thurmhohen Gebäuden. –
Wetter begünstigte uns – es war stellenweise etwas heiß und die Blüte und das junge Grün herzerquickend. –
Ich denke mir ihr werdet zu Pfingsten zu Meyer hinübergefahren sein und euch an den Großkinderchen erfreuen. – Hoffentlich ist Schwester Röschen wohl genug dazu. – Ich finde leider zu spät – heraus das ich meinen Beruf verfehlt habe; ich hätte zur See gehen sollen. Die herzlichsten Grüße Euch Lieben Allen!
Stets Dein alter
Paul Rottenburg. –