Paul Rottenburg an Ernst Haeckel, Glasgow, 30. Januar 1898
Holmhurst
Dowanhill Gardens
Glasgow
30 Jan. 98
Liebster Freund!
Besten Dank für Deinen lieben Brief. Wie leid thut es mir daß Eure Weihnachtsfeier so arg gestört wurde und Du um Schwester Röschen sorgen musstest statt in Leipzig Dich an Lisbeth und dem Großtöchterchen zu erfreuen. Als Tante Ida Deinen Brief gelesen, kamen wir dahin überein, daß || Du Röschen im Sommer mit nach London bringen mußt. Wir nehmen sie dann zu unserem Leibarzt. Mich hat der Mann bereits famos zusammen geflickt bei meiner Frau ist er noch daran reüssirt aber, so hoffe ich, auch. – Als wir bei meiner Tante in Frankfurt waren erzählte sie uns von einer Bekannten, der 3 Aerzte eine Operation an der Brust für unbedingt nötig erklärt hatten. Sie || ängstigte sich dermaßen davor dass sie einen Londoner Arzt konsultierte – nach London fuhr und ohne Operation geheilt wurde. Wir fragten nach dem Arzt. – Es war unser Mann. – Natürlich Homoeopath! – An dem Tage, an dem ich Dich von dem Erfolg einer derartigen Cur überzeugen werde, verleihe ich Dir den Orden pour le merite! – Natürlich nur den homoeopathischen. – Freund Murray hat neulich den alloeopathischen erhalten. Ich fuhr letzten Montag zu ihm hinüber und blieb über Nacht. Er schien „sehr hoch“ über die Auszeichnung. Armer Freund! Du mußt fürchte ich auf den „Ritter“ auf diesem Planeten verzichten jedenfalls unter W II. –
Ich/Wir lud/en Euch seiner Zeit zur British Association nach || Glasgow ein – bitte das nicht zu vergeßen. Laß mich ehestens wissen wann wie und wo Cambridge.
Solch milden Winter entsinnen sich die aeltesten Leute nicht. – Kann unmöglich gesund sein.
Meine Frau sagt mir soeben noch das der Londoner einer || Frau über 12 Gallensteine per homoeop. Behandlung weggebracht hat. – Die infamische Leber ist an all’ dem Leiden schuld und sie (die Leber) hat Burnett ganz speziell studirt.
Einlage amüsirt Dich vielleicht.
Herzlichsten Gruß von Haus zu Haus
Immer
Dein treu ergebener
P. R. –