Paul Rottenburg an Ernst Haeckel, Glasgow, 4. November 1890
Holmhurst,
Dowanhill Gardens,
Glasgow.
4 Nov 90. ‒
Liebster Freund!
Für einen Brief aus der Schweiz habe ich Dir noch zu danken und wollte mit dem Danke die Bitte um Deine Algerische Reise verbinden – siehe! Da kommt das Erwünschte gestern Abend an. Ich kann Dir leider keine goldene Medaille für mikroskopische Verdienste verleihen – wohl aber den schottischen „grouse Orden“ für „Lesen geheimer Gedanken“ ein Talent, welches Du durch Uebersendung des || Abdruckes aus der Rundschau glänzend dargelegt hast. –
Dieser Orden ist nicht für die Brust – sondern für die Gastrulaa bestimmt. – Hoffentlich kommt der geflügelte Gruß gut an. –
Also für Rundschau und dafür daß Du meiner in der Schweiz gedacht hast besten Dank! –
Ich war im September 8 Tage auf dem Continent: Brüssel Frankfurt Berlin Düsseldorf Paris – zu kurz für einen Abstecher nach dem lieben Jena, selbst wenn ich Dich zu Hause gewußt hätte. – ||
Hoffentlich geht Ihr Alle mit einem extra Vorrath von Gesundheit in den Winter – mich überläuft es kalt bei dem Gedanken daß man 6 Monate lang die Sonne nicht mehr sehen soll. – Uns geht es soweit gut. – Meine arme Frau hat nur ihre liebe Mühe ein Fräulein für die 2 Töchter zu finden. – Unser Aeltester hat sein Examen in Oxford gemacht und soll als angehender electrischer Ingenieur zu einem hiesigen Fein-Mechaniker in die Lehre. – Ich nähre augenblicklich meinen Zorn gegen den Schaumschläger Stanley’s an dem Buche Barttelots. Einen derartigen Mumpitz von Verherrlichungb wie an Stanley koennen nur die Engländer fertig bringen. – Gute Nacht. – Viele herzliche Grüße von Haus zu Haus
Stets
Dein
Paul R.
a korr. aus: Grastula; b korr. aus: Herrlichung