Keller, Conrad

Conrad Keller an Ernst Haeckel, Zürich, 24. Februar 1886

Zürich, dℓ. 24. Febr. 1886

Verehrter Herr Professor!

Unter Kreuzband sende ich Ihnen eine Broschüre in französischer Sprache, ein Gebiet aus der angewandten Zoologie beschlagend u. zwei Nummern der Neuen Zürcher Zeitung, in welcher ein Artikel von mir enthalten ist.

Ich denke, dass der letztere sie interessiren wird.

Die Tendenz des Feuilletonartikels dürften Sie wohl sofort erkennen. Er wurde veranlasst durch eine Schrift von Dr.Krause, welche mich sehr interessirt hat. Ich fand es für angezeigt, in einer objectiven, aber entschiedenen Art den Bestrebungen der Reaction entgegenzutreten u. wie ich höre, hat der Artikel gute Wirkung gehabt. Seit längerer Zeit wird unter der Hand in den gebildeten Kreisen der Schweiz Stimmung gemacht u. || zwar vorwiegend gegen die von Jena aus begründete Richtung. Mit dieser Strömung ist zur Zeit zu rechnen. In der deutschen Schweiz hat unser genialer Universitätsbotaniker viel verdorben. Vom Pietismus zum Darwinismus übergefallen, hatte derselbe der fortschrittlichen Strömung, die hier im Grunde vorwiegt, einen verzweifelt schlechten Dienst geleistet.

Ich glaube, dass Ihre oft hart angefochtene Richtung in der öffentlichen Meinung trotz der herrschenden Reaction bei uns immer mehr in ihr Recht treten muss – ich für mich zweifle nicht an dem endlichen Sieg der Wahrheit.

Wenn ich Ihnen, verehrter Herr Professor, schreibe, so ist es eine Anfrage betreffend die Gesellschaft des oesterreichischen Lloyd.

Ich bin zurzeit mitten in den || lebhaftesten Unterhandlungen wegen einer Studienreise nach Madagascar. Ein Theil der hiefür nöthigen Mittel ist bereits gedeckt, eine Subvention von officieller Seite ist eingeleitet. Ob die Verhandlungen in den nächsten Wochen zum Ziele führen oder erst später flüssig werden, muss ich abwarten.

Ich muss mich jedoch auf die Eventualität vorbereiten, schon dieses Frühjahr abzureisen.

Glauben Sie nun, dass mit Hülfe officieller Empfehlungen der oesterreichische Lloyd von Triest nach Aden eine Fahrermäßigung auf seinen Dampfern gestattet? Für eventuelle Wahl der Route käme mir dieser Umstand in Berücksichtigung. Da Sie mit dem oesterreichischen Lloyd gefahren sind, können Sie mir vielleicht am ehesten gütige Mittheilung machen.

Bestens dafür dankend, bin ich mit vielen Grüssen

Ihr ergebenster

C.Keller

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
24.02.1886
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 31282
ID
31282