Otto Hamann an Ernst Haeckel, Göttingen, 23. September 1887

Göttingen 23. Sept. 1887

Hochverehrtester Herr Professor,

Wenn ich bis jetzt noch nicht meinen Dank für Ihre Karte ausgesprochen habe, so lag das daran, dass ich zugleich einen Separat-Abdruck der Arbeit über die Urkeimzellen beilegen wollte. Unter einem Monat bekomme ich dieselben aber nicht, wie eben Engelmann schreibt. Dass wir sehr gern am Abend vor unserer Abreise gekommen wären, brauche ich kaum zu erwänen, es ging aber leider meiner || Mutter wegen nicht, da ich ihr nicht zumuten wollte den letzten Abend allein zu Hause zu bleiben.

Ich selbst wollte noch persönlich Lebewol sagen, aber am Morgen der Abfahrt war zu wenig Zeit, auch wusste ich nicht ob ich so früh nicht belästigen würde. Durch Pohle, der am Banhofe war, erfur ich allerdings, leider aber zu spät, dass Sie bereits im Institut arbeiteten.

So oft ich nun bisher in Jena war und Sie rastlos wie immer an der Arbeit sah, habe ich Gewissensbisse empfunden, dass ich solange Zeit || Ferien mache. Jetzt hole ich das Versäumte hoffentlich bald nach. Freilich ist für das Museum viel zu tun. Die von Brock mitgebrachten Echinodermen sollen bestimmt werden und so vergeht jeder Vormittag hiermit, wärend er Nachmittag, leider auch oft nur teilweise, für mich bleibt. Länger wie 1 Jar werde ich kaum noch hier Assistent bleiben, da ich nicht mehr genügend Zeit für eigene Arbeiten habe.

Wir bitten uns Ihrer Frau Gemalin empfehlen zu wollen und falls Ihr || Frl. Tochter noch zu Hause ist, dieselbe freundlichst zu grüßen!

Ebene höre ich von einem Studenten welcher in Wiesbaden gewesen ist, dass Semper Leuckart Spengel sich großes Stelldichein gegeben haben. Das mag eine schöne Salbaderei gewesen sein. Gelacht habe ich über des alten Virchow Gerede. Er zeigt, sooft er jetzt spricht, dass die Zeit lange vorüber ist, wo er noch nicht passée war in litteris und politicis. Dass sich nur noch Leute finden auf die Naturforscherversammlungen zu gehen, wo die Vorträge doch nicht elender werden können. (Virchow, Preyer und Dettmer, es fehlte diesmal nur noch Bardeleben!)

Nochmals herzlichsten Dank für die Karte

von Ihrem

treuen Otto Hamann.

Brief Metadaten

ID
30893
Gattung
Brief ohne Umschlag
Verfasser
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
23.09.1887
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
13,9 x 21,9 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 30893
Zitiervorlage
Hamann, Otto an Haeckel, Ernst; Göttingen; 23.09.1887; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_30893