Otto Hamann an Ernst Haeckel, Göttingen, 21. Mai 1886

Goettingen 21. Mai 86.

Hochverehrtester Herr Professor,

Ich bin außer mir, dass ich nicht zur rechten Zeit unsere Glückwünsche zum 25.järigen Jubiläum habe bringen können. Ich wusste nicht, dass in diesem Jar das Fest sei. Dass Pohle mich nicht benachrichtigt hat, ist unverantwortlich, ebenso, dass Dr. Lang mir nichts hat wissen lassen, denn sonst wäre ich unter allen Umständen am Feststage erschienen. Ich hoffe, dass Lang die Ehre, die ihm || durch die Uebertragung der Professur zu Teil wird, niemals zu schanden mache und Ihnen mit Dankbarkeit vergilt, was Sie an ihm tun.

Sie schrieben mir, dass Sie mich trotz Berlin und Goettingen mit zu ihren [!] Schülern rechnen. Hätten Sie geschrieben wegen Goettingen, so würde ich das verstehen, denn selten hat ein Schüler, vielleicht sogar nie, zu seinem Lehrer so gehalten wie ich hier, wie Ihnen jeder meiner Zuhörer sagen wird. – Warum Sie Berlin hinzusetzen, weiß ich nicht, da ich selbst in Berlin außer als Gymnasiast noch niemals gewesen bin. – Ich gönne || Lang die Stellung und habe es als selbstverständlich angesehen, dass er Sie bekommt. Wenn ich mich aber als treuerer Schüler füle, dürfen Sie mir das nicht verargen. Wäre ich von Ihnen zu Claus gezogen, wie Lang zu Dohrn und nun gar wider zurück!, so würdea ich es mir gefallen lassen, wenn Sie mich mit ihm in eine Linie stellten. Ich habe nie 2 Göttern zu gleicher Zeitb opfern können, noch immer ist der eine, den ich seit meinem 15ten Jahre, wo ich sein erstes Werk die Radiolarien sah und die Schöpfungsgeschichte las, mein einziger geblieben; und für was ich damals mir schwor zu || leben, habe ich bisher gehalten!

Ich glaubte Sie würden an erster Stelle natürlich Lang zur Professur vorschlagen und an zweiter wenn auch one jede Aussicht noch einen andern, vielleicht mich. Das hätte meine Stellung der hiesigen philosophischen Facultät gegenüber gestärkt. –

Ich hoffe, dass Sie beim 50sten Jubiläum mich trotz der beiden dummen Städte noch immer zu denen zälen werden, die Sie achten als treue Schüler.

Ihr

Otto Hamann.

a gestr.: will; eingef.: würde; b gestr.: besta; eingef.: zu gleicher Zeit

Brief Metadaten

ID
30887
Gattung
Brief ohne Umschlag
Verfasser
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
21.05.1886
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
14,1 x 21,9 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 30887
Zitiervorlage
Hamann, Otto an Haeckel, Ernst; Göttingen; 21.05.1886; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_30887