Haacke, Oscar

Oscar Haacke an Ernst Haeckel, Pforta, 20. September 1851

Pforte 20/9 51.

Lieber Ernst,

So richte ich wiederum einige Zeilen an Dich, wiewohl Du mir meinen letzten Brief trotz meiner dringenden Bitte nicht beantwortet hast. Weshalb Du ein solches Benehmen gegen mich angenommen hast, vermag ich nichta, mir zu erklären, da ich gar nicht weiß, auf welche Weise ich Dich verletzt haben sollte. Drum habe ich jetzt nochmals an Dich geschrieben, um den Grund Deines bisherigen Schweigens zu erfahren; Du aber legst das beste Zeugniß ab, daß Du mich noch liebst und mir nicht zürnst, wenn Du recht bald Dich einmal schriftlich an mich wendest; ich hoffe dies ganz gewiß von Dir, denn ich zweifele keineswegs daran, daß Du mich nicht mehr so, wie vordem, lieben solltest. Wohlauf, wir wollen das Band alter Freundschaft noch || fester knüpfen, wie vormals. Ich reiche Dir dazu freundlichst die Hand und bitte um Verzeihung, wenn ich Dich wissentlich oder unwissendlich beleidigt habe.

Komm und freue Dich mit mir, denn meine Versetzung nach Prima steht bevor. Aus meiner Klasse, sogar aus meiner Ordnung, sind in diesem Semester zwei ausgeschieden; der eine, der ein Weißenfelser ist, wird sich zu Michaelis auf Euer Gymnasium aufnehmen lassen, und ich möchte ihn deshalb Euch empfehlen; sein Name ist Hemme, wenn Walbe noch bei ist, so wird der ihn von früheren Zeiten her wohl noch kennen; er ist ein früherer Schulkamerad von mir schon in Weißenfels gewesen, wir beide haben manchen dummen Streich zusammen ausgeführt; ich freue mich schon darauf, wenn ich einmal in Merseburg ihn wiedersehen werde. – Wegen mancherlei Ursachen sind überhaupt in diesem Semester acht von unsrer Schule entfernt worden, eine Zahl, die ich bisher noch nicht erlebt habe. ||

Vor mehreren Wochen besuchte mich Gandtner und sagte, er wolle auch nach Merseburg; vielleicht hat er Dich getroffen, nichtwahr? Er versprach mir, recht bald einen Brief zukommen zu lassen, doch ich habe bis jetzt vergebens auf einen gelauert; ich muß ihm nur einmal in dieser Zeit schreiben.

Du aber lebe wohl und behalte lieb

Deinen Freund

Oscar Haacke.

[Adresse]

Seiner Wohlgeboren | dem Gymnasiast Ernst Häckel | in Merseburg.

a korr. aus: micht

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
22.02.1851
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 30574
ID
30574