Richard Hertwig an Ernst Haeckel, München, 25. Dezember 1888
München d. 25. December 1888.
Lieber u. hochverehrter Freund!
Sie haben mich wieder einmal beschämt und zwar in doppelter Hinsicht. Trotzdem Sie schon Ballpapa sind und ich erst wie der Vogt von Tenneberg Eiapapeia singe, thuen Sie es mir an wissenschaftlicher Productivität weit voraus und beschenken mich mit prächtigen Werken, während ich Ihnen nur schäbiges kleines Zeug wiedersenden kann. Damit nicht genug, || sind Sie mir auch an Pünktlichkeit voraus. Schon lange hätte ich Ihnen das Actinien-Supplement zusenden sollen, nun ist es fast Neujahr bis zur Absendung geworden.
Von den Siphonophoren habe ich mir bisher nur die Abbildungen angesehen und mich ungeheuer über die Übergangsformen zwischen einzelner Meduse und Siphonophorenstock gefreut. Ich werde noch bevor ich das Buch einbinden lasse, einige derselben sowie eine recht typische || Tiefseeform für das Institut zeichnen lassen. An Kupffer habe ich das 2. Exemplar sofort eingesandt.
Zu Weihnachten habe ich eine große Überraschung erhalten. Ein junger sehr begabter Künstler, der viel bei uns und meiner Schwiegermutter verkehrt, hat meine Frau mit dem Buben im Arm gezeichnet außerdem noch zweimal stärker vergrößert das Köpfchen in den Ecken des Bildes. Die Portraitsa namentlich die des Buben sind || sehr ähnlich, das Ganze leicht und künstlerisch arangirt. Ich werde das Bild photographiren lassen und dann sollen Sie eine Copie bekommen.
Grüßen Sie von mir und Jula Ihre liebe Familie recht herzlich und feiern Sie ein recht frohes Neujahr, wie ich auch hoffe, daß Sie auch Weihnachten heiter und glücklich verlebt haben.
Oben habe ich ganz vergessen Ihnen für Ihr schönes Werk zu danken. Empfangen Sie daher zum Schluß noch den herzlichsten Dank Ihres treu ergebenen
R. Hertwig.
a korr. aus: Bilder