Hertwig, Oscar

Oscar Hertwig an Ernst Haeckel, Mühlhausen, 24. Dezember 1874

Mühlhausen den 24.12.74.

Sehr geehrter Herr Professor.

Für Ihr letztes freundliches Schreiben, in welchem Sie mir Ihre Zufriedenheit mit den Resultaten des Ihnen zugesandten Theiles meiner Untersuchung zu erkennen gegeben haben, sage ich Ihnen meinen besten Dank. Mit Ihnen und Professor Gegenbaur mich in Übereinstimmung zu wissen in den von mir erhaltenen Resultaten der Untersuchung, ist mir ein angenehmes Gefühl und sehe ich nun weiteren Urtheilen mit Ruhe entgegen. a In einigen Tagen werde ich Ihnen ein fertiges Exemplar der Arbeit zusenden können, da ich noch vor meiner Abreise aus Bonn die letzte Correctur gelesen habe. ||

Seit heute früh bin ich in Mühlhausen, wo ich leider meinen Vater, der schon seit einem viertel Jahr an einem Hautleiden krank ist, noch nicht hergestellt finde. Das Reisen an den Weihnachtstagen war diesmal mit manchen Unbequemlichkeiten verknüpft; zweimal habe ich wegen Verspätung des Zugs den Anschluß verfehlt und mußte daher schließlich einige Stunden vom Reiseziel entfernt in Gotha noch übernachten.

Richard fand ich hier sehr eifrig mit Corsicalectüre beschäftigt, und haben wir vor in der schönen lingua italiana während der Weihnachtsferien uns etwas zu üben.

Leydig hat jetzt vor einigen Tagen aus Berlin seine Anstellung erhalten, La Valette wartet noch || sehnlichst auf dieselbe. Bisher hat er auf der Anatomie einen Eifer entwickelt, den ich ihm gar nicht zu getraut hätte; bis fünf Uhr bleibt er täglich auf dem Institut und speist erst um 6 Uhr zu Mittag. Nur das kann er nicht über sich bringen, daß er einmal volle ¾ Stunden einen Vortrag hält; derselbe fällt immer kurz aus. Wie mir Richard mittheilt, erfreut sich Ihre des besten Wohlseins, so daß Sie wohl recht vergnügte Festtage erleben werden. Für mein Pathchen Emma lege ich eine kleine Weihnachtsgabe bei. Für das Püppchen wird sie wohl schon als Mädchen einiges Verständniß haben und im Kleidchen hoffe ich sie nächsten Sommer munter herumlaufen zu sehen.

Mit der Bitte mich Ihrer sehr geehrten Frau Gemahlin bestens zu empfehlen wünsche ich Ihnen und Ihrer Familie ein recht vergnügtes Feste

Ihr treu ergebener

Hertwig

a gestr.: Ihre

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
24.12.1874
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 30376
ID
30376