Emanuel Reinicke an Ernst Haeckel, Leipzig, 4. November 1902

WILHELM ENGELMANN LEIPZIG

VERLAGSBUCHHANDLUNG

LEIPZIG, DEN 4. November 1902.

MITTELSTRASSE 2.

Hochgeehrter Herr Professor!

Heute kann ich Ihnen die hoffentlich erfreuliche Mitteilung machen, daß der Bestand der 4ten Auflage Ihrer „Anthropogenie“ sich so gestaltet hat, nunmehr an die Herausgabe einer neuen 5ten Auflage zu denken.

Ich möchte Sie also hiermit freundlichst bitten, wenn es Ihre Zeit gestattet, mit der Herstellung des Manuscriptes baldigst zu beginnen und mir die Vorlagen derjenigen Abbildungen, die neu herzustellen sind, noch vor Beginn des Druckes zugehen zu lassen, damit, wenn der Druck beginnen soll, sämtliche Figuren || fertig vorliegen.

In Ihrem geschätzten Briefe vom 10 Mai 1900 schrieben Sie mir, daß Sie die neue Auflage nicht allein besser zu illustriren gedächten, sondern auch so durchzuarbeiten beabsichtigten, damit Ihr Werk noch für einen weiteren Kreis von Gebildeten als bisher verständlich und zugänglich gemacht würde.

Was nun die Höhe der Auflage betrifft, so möchte ich Sie ersuchen die gleiche Anzahl wie bei der 4ten Auflage, nämlich 1500 Exemplare, beizubehalten.

Dagegen bin ich bereit, Ihnen das Honorar von M 75,– pro Bogen auf M. 85,– zu erhöhen.

Das Format des Werkes kann wohl beibehalten werden.

Was aber die Schrift anbelangt, so möchte ich Ihnen empfehlen statt der bisherigen lieber die jetzt moderne „Mediäval“ Schrift, in der ich in letzter Zeit bereits || ein Anzahl Werke habe herstellen lassen und die wegen Ihrer geschmackvollen Form allgemeinen Beifall gefunden hat, zu wählen.

Die Zahl der Frei-Exemplare, die Sie zu erhalten wünschen, wollen Sie mir bitte angeben und darf ich dann wohl diese Anzahl über die festgesetzte Auflage mit herstellen lassen.

Legen Sie darauf Wert, daß die Herstellung wieder durch die Frommann’sche Buchdruckerei in Jena erfolgt, so will ich hiergegen Nichts einwenden, obwohl ich nach den Erfahrungen, die ich mit dieser Offizin gemacht habe, es vorziehen würde, die Herstellung einer anderen Offizin zu übertragen. Doch werde ich mich, wie gesagt, ganz Ihren Wünschen anschließen.

Auch bin ich gern bereit zur persönlichen Besprechung nach Jena zu kommen, wenn Sie es im Interesse der neuen Auflage wünschen sollten. – ||

Über das Befinden des Herrn Geh. Rat Gegenbaur kann ich Ihnen leider nur sehr ungünstiges mitteilen. Im September stellte sich eine hochgradige Herzschwäche ein, sodaß man fast glauben mußte, daß es mit ihm zu Ende ginge; seine gesunde Natur hat nun diese Schwäche zwar überstanden, aber sein Zustand ist ein derartiger, daß man nur wünschen könnte, daß in kürzester Zeit die Auflösung eintreten möge.

Als ich gegen Ende Junia in Heidelberg war und eine Stunde lang in Gegenwart seiner Gemahlin und Tochter bei ihm sein durfte, fand ich ihn ganz wesentlich verändert bis auf das leuchtende Auge, das ihm noch geblieben war. Die Lähmung war schon so weit fortgeschritten, daß er sich nur in kurzen Sätzen, aus denen schwer zu entnehmen war, was er damit sagen wollte, an der Unterhaltung beteiligen konnte. Ich kann nur sagen, daß ich tief traurig || b von ihm schied; mußte ich mir doch sagen, daß ich ihn wohl nicht mehr unter den Lebenden im nächsten Jahre antreffen würde. –

Das Lehrbuch der Zoologie von „Goette“ wird Ihnen zugegangen sein und wäre ich Ihnen recht dankbar, wenn Sie mir Ihre Ansicht über den wissenschaftlichen Wert des Buches vertraulich mitteilen wollten.

In aufrichtiger Hochschätzung verbleibe ich

mit hochachtungsvollem Gruß

Ihr sehr ergebener

E Reinicke.

Herrn

Prof. Dr. Ernst Haeckel,

Jena

a eingef.: Juni b am Kopf vermerkt: Fortsetzung.

Brief Metadaten

ID
2993
Gattung
Brief ohne Umschlag
Institution von
Wilhelm Engelmann Verlagsbuchhandlung
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
04.11.1902
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
5
Umfang Blätter
4
Format
13,9 x 22,2 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 2993
Zitiervorlage
Reinicke, Emanuel an Haeckel, Ernst; Leipzig; 04.11.1902; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_2993