Ernst Krause an Ernst Haeckel, Berlin, 19. Januar 1881

Berlin N. O. Friedenstraße 11. 3 Treppen

den 19.a1.81.

Lieber Freund!

Für Ihre freundlichen Zeilen sage ich Ihnen herzlichsten Dank! Besonders glücklich macht mich dabei die Zusage, daß Sie uns wieder einmal einen kleinen Beitrag zuwenden wollen, grade jetzt ist er mir doppelt werth, u. ich wünschte nur, daß er dem Raum nach nicht gar zu kurz ausfiele, damit ich ihn womöglich unter die Original-Mittheilungen der ersten Abtheilung bringen könnte.

Wenn ihnen Herr Alberts geschrieben hat, daß es sich in der Kosmos-Angelegenheit nur um Mißverständnisse gehandelt habe, so ist das Schönfärberei seinerseits. Er hat mir in drei verschiedenen Briefen den Plan den Kosmos in eine Wochenschrift unter Hellwalds Leitung zu verwandeln ausführlich entwickelt, u. aller Einwendungen meinerseits ungeachtet, daran festgehalten, bis ich ihm drohete, alsdann einb Conkurrenz-Journal zu gründen. Ob Koch darum gewußt hat, kann ich nicht sagen; derselbe versichert mich, daß er nie an eine solche Combination gedacht habe, u. es ist möglich, daß Alberts dieselbe nur ersonnen hat, um beim Verkaufe eventuell einen höhern Preis zu erzielen.

Herr Koch will mich in nächster Zeit hier aufsuchen u. ich werde ihm allerlei Reformvorschläge machen. Unter andern denke ich an Einführung von Antiqua-Schrift u. Fortlassen des Randes, um etwas mehr Platz zu gewinnen. Damit würde der belletristische Anschein gemildert werden. Im Schwanken bin ich, ob man nicht eine Rubrik für darwinistische Tagesgeschichte, Nekrologe u. s. w. einführen soll. Mehrfach z. E. beim Tode Brüggemann’s u. Busch’s bin ich in Verlegenheit gewesen, den Tod dieser beiden Mitarbeiter anzuzeigen, aber es fehlte || an einer Rubrik für solche Mittheilungen. Andrerseits hat es vielleicht Vortheile, daß eine solche Rubrik nicht da ist, denn man müßte dann womöglich auch von Ehrenbezeugungen u. dergleichen Nichtigkeiten Notiz nehmen, u. die Hauptschwierigkeit bliebe, soll man blos Darwinisten oder auch deren Gegner berücksichtigen u. wo bleibt die Grenze? Vielleicht können Sie mir in dieser Hinsicht einen Rath geben, oder anderweitige Reformvorschläge machen?

In vieler Beziehung wird das Journal künftig besser werden, indem die Rücksicht auf Jäger u. Caspari fortfällt, u. Alberts mit seinen starken, mir oft höchst unbequem gewordenen Sÿmpathieen u. Antipathieen wegfällt. Mehrere Mitarbeiter, die uns ganz nützlich hätten werden können, wie Ludwig Büchner, Noiré u. v. A. sind lediglich durch ihn im Bunde mit Caspari ferngehalten u. verscheucht worden. Ferner wird es mir zustatten kommen, daß ich mir allmälig theils durch Kauf, theils als Recensionsexemplare eine kleine darwinistische Bibliothek zum Nachschlagen angesammelt habe, die mir früher sehr fehlte, u. jetzt zu Statten kommt. Lukrativ für einen Verleger wird freilich der Kosmos nicht so leicht werden, aber ich hoffe, daß Herr Koch mehr anderweitiges Interesse an der Aufrechterhaltung des Organs haben wird, da es seinem darwinistischen Verlag zu Gute kommt, wenn dasselbe durch die magere Zeit, welche augenblicklich vorherrscht, hindurch erhalten wird. Mir c macht das Fortbestehen insofern Freude, als dadurch den lauernden Gegnern der Triumph verkümmert wird, u. wenn ich auch sonst keine Seide bei der Redaktion spinne, würde ich mich schon aus diesem Gesichtspunkte der Sache gern weiter widmen.

Anbei sende ich Ihnen die fehlende Lieferung u. ein Exemplar im Originalbande; vielleicht giebt es jemanden in Jena, dem Sied die Lieferungsausgabe zuwenden können. Natürlich dürfte er kein Fachmann sein, denn ich weiß sehr wohl, daß an dem Buche nur der gute Wille genügen kann; es war ein etwas voreiliges Beginnen, als ich auf den mir von außenher ge-||machten Vorschlag, ein solches Buch zu schreiben, einging, nachdem ich aber A gesagt, mußte ich auch B sagen, zumal dasselbe trotz aller seiner Fehler Freunde gefunden hat, bis sind die Fachkreise hinein.

Mit den herzlichsten Grüßen u. Wünschen für Ihr Wohlfinden

Ihr treu ergebener

Ernst Krause

P. S. Ich habe den Brief ein paar Tage liegen lassen müssen, weil ich die von dem Verleger verlangte fehlende Lieferung soeben erst erhalten habe.

a korr. aus: 12.; b korr. aus: eine, c gestr.: liegt; d gestr.: Ihnen; eingef.: Sie

Brief Metadaten

ID
29462
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
19.01.1881
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
3
Umfang Blätter
2
Format
22,1 x 14,1 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 29462
Zitiervorlage
Krause, Ernst an Haeckel, Ernst; Berlin; 19.01.1881; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_29462