Krall, Karl

Karl Krall an Ernst Haeckel, Elberfeld, 23. August 1912

KARL KRALL

ELBERFELD, den 23.8.12.

ROONSTRASSE 54

Ew. Exzellenz

möchte ich noch einmal ganz besonders danken für das wundervolle Bild, das ich nunmehr nach meiner Rückkehr zu meiner Freude gefunden habe. Es soll immer einen besonderen Ehrenplatz einnehmen.

Ich gestatte mir, beifolgend Ew. Exzellenz einige neuere Aufsätze zu übersenden, und bemerke noch, dass die Pferde neuerdings bei ganz guter Laune allein arbeiten, d.h., ohne dass eine Person im Unterrichtsraum ist. Die Aufgaben werden an die Tafel geschrieben oder genannt. Der Pferdepfleger steht auf dem Hof, ist mit der angeschriebenen oder genannten Aufgabe völlig unbekannt, und hat nur von Zeit zu Zeit das Pferd entsprechend anzufeuern. Der Fragesteller befindet sich ausserhalb des Unterrichtsraumes und beobachtet das Pferd durch ein kleines, mit Glas verschlossenes Guckloch der geschlossenen Türe. Hierbei ist der Oberkörper des Pferdes, vor allem aber Kopf und Hals durch eine Holzwand unsichtbar gemacht, und nur die tretenden Füsse sind sichtbar. Ausserdem kann man die Antwort auch deutlich durch das Aufklopfen auf das Trittbrett hören. Das Pferd hat also keine || Möglichkeit, hierbei irgend eine Person zu sehen. Diese Versuche sind einwandfrei unter Zeugen gelungen. Das bedeutet einen wesentlichen Fortschritt.

Ende dieser Woche hat, erwarte ich die Herren Prof. Wasmann und Dr. Ettlinger, München! Dr. Pfungst hat, als ihm mitgeteilt wurde, dass auch die Herren Prof. Kraemer, Hohenheim, Prof. Ziegler Stuttgart und Dr. Sarasin, Basel, der letztere führt den Vorsitz, sich gleichzeitig an der Untersuchung beteiligena würdenb, „gekniffen“. Er glaubte mit mir und meinen Pferden so umspringen zu können wie mit dem alten seligen Herrn von Osten. Darin hat er sich allerdings getäuscht. Ich halte es selbstverständlich für ganz ausgeschlossen, diese Herren bekehren zu können, da leider die Pferde – wahrscheinlich in Folge der grossen Ferien, Zarif zeigt auch Störungen der Nahrungsaufnahme – sehr widerspenstig sind. Denn Wasmann und Ettlinger sind doch nicht nach Elberfeld gekommen, um als begeisterte Anhänger der „denkenden“ Pferde die Stadt wieder zu verlassen. Darüber gebe ich mich keinerlei Illusionen hin. Bezeichnend dafür ist, dass Ettlinger am 8. August einen Aufsatz in der „Kölnischen Volkszeitung“ veröffentlicht und darin schreibt, er sei von mir bisher stets abgewiesen worden, dabei ist es feststehende Tatsache, dass Dr. Ettlinger seit Anfang Juli bereits Kenntnis davon hat, dass er Ende August zur Prüfung der Pferde erwartet wird.

In der Hoffnung, dass es Ihnen gesundheitlich besser geht, verbleibe ich mit nochmaligem Danke und herzlichen Grüssen Ew. Exzellenz

ganz ergebener

K. Krall.

a korr. aus: beteiligten; b eingef.: würden

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
23.08.1912
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 29351
ID
29351