Krauseneck, Gustav Adolf

Gustav Adolf Krauseneck an Ernst Haeckel, Triest, 13. Februar 1915

Triest, am 13. Febr. 1915

Hochverehrtester Freund!

Ich denke sehr viel an Sie, in diesen Tagen mehr als sonst, in lebhafter Erinnerung an die vorigjährige Feier Ihres Geburtstags, in den stattlichen Bänden blätternd, die so viele Beweise der Verehrung und Dankbarkeit für Sie, der Bewunderung Ihres Lebenswerkes enthalten. Darunter so mancher aus der Feder solcher, die heute – äusserlich wenigstens – unseren Feinden und macht- und überzeugungslosen Neutralen angehören. Ob sie wirklich auch den ihnen so lieb gewonnenen Haeckel als grausigen Barbaren ansehen? Wenn, dann tröste uns das Quos deus perdere vult, prius dementat! Diese Churchill, Delcassé, Nicolaj sind doch offenbar ihrer Vernunft beraubt, sonst könnten sie so, wie sie es tun, nicht reden! Denn || heller Wahnsinn hat das ganze Pack erfasst, das das deutsche Volk vernichten möchte, das nicht einsieht, dass nicht blos damit eine völlige Unmöglichkeit gewollt ist, dass vielmehr nur eine ungeahnte Grösse und Macht Deutschlands das Ende sein wird. –

Dass dem so sei, dass bald die Entscheidung falle, ist so sehr unser aller Herzenswunsch und tiefste Überzeugung – dass man Sie auch allen persönlichen Gefühlsausdrücken voranstellen muss und darum bringe ich auch Ihnen meine Geburtstagswünsche damit dar. Mögen Sie, verehrtester Freund, noch viele Jahre sich freuen können über unsern Sieg, über den mächtigen Aufschwung unseres Volkes, an dem mitgearbeitet zu haben Ihnen dann ein um so wertvolleres Bewusstsein verschaffen wird!

Die Frage nach persönlichem Befinden || ist heute beinahe ausgeschaltet – doch hoffe ich zu erfahren, dass Sie sich nicht zu beklagen haben, dass Sie den Ereignissen in ungeschwächter geistiger & physischer Frische folgen. Auch das Befinden Ihrer verehrten Frau Gemahlin liegt mir am Herzen; ich entbehre schon länger der Nachrichten von Ihrem lieben Sohne, um die ich aber demnächst wieder bitten werde.

Wir sind alle wohlauf & gehoben durch die jüngsten Nachrichten vom russischen Kriegsschauplatz!

Alles denkbar schönste von den Meinen und mit herzlichsten Grüssen in Treue und Verehrung und eine Aussprache mit Ihnen über die grösste Zeit der Geschichte, die wir miterleben, erhoffend

Ihr stets aufrichtig

ergebener

Gustav Krauseneck

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
13.02.1915
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 27833
ID
27833