Gustav Adolf Krauseneck an Ernst Haeckel, Triest, 6. Februar 1893

Triest, am 6. Febr. 1893

Hochverehrter Herr Professor!

Ich habe Ihnen noch gar nicht für Ihre so freundlichen Grüsse und werthvolle Begleitung gedankt, & komme schon mit einer Bitte, die Sie mir aber gewiß gerne erfüllen werden. Am 11 dieses Monats feyern meine Eltern ihre goldene Hochzeit. Wenn auch sehr liebe Erinnerungen dabei hervortreten müßen, so erwägten wir doch nicht, dieses seltene Fest in prosaischem Alltagsleben zu verbringen. Im Kreise der Familie || und der nächsten Freunde wollen wir den Tag begehen und in gehobener Stimmung zusammen sein. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, wie lieb Sie mein Vater hat, wie wir alle Sie verehren und wie oft wir uns über Ihre Freundschaft freuen. Meinem Vater stehen Sie herzlich so nahe, daß Ihm ein Gruß von Ihnen an dem Tage geradezu ein Bedürfniss sein wird und ich bin so unbescheiden, Sie für den Tag um ein Telegramm zu bitten. Das ist mein Anliegen und ich weiss, daß Sie es nicht unbescheiden finden werden. –

Ich erhielt soeben eine reizende Ansicht von Athen von Fritz Brand || in Rom in Oel gemalt, die ich meinem Vater geben will. Seine schönsten Jugenderinnerungen knüpfen sich an die classische Stätte, deren Anblick ihn erheitern wird. Er nahm Ihr Relief in seine Stube und die leere Stelle wird nun das Bild ausfüllen, in unserem fernen, bescheidenen Hause ein Symbolum der classischen Periode unseres lieben Freundes!

Ich habe Ihren Monismus mit größtem Genuß gelesen und danke Ihnen herzlichst für diese Gabe an mich und an Alle, die die Wahrheit lieben. Daß es doch jederzeit nur so Wenige sein wollen!

Wenn Sie im Frühjahr nach Rom || kommen, sprechen Sie bei Kopfs vor. Ich habe vor im März oder April mich dort etwas herumzutreiben.

Ihrer geehrten Frau Gemahlin und allen den Ihren unsere besten Wünsche & Grüße. Es geht bei uns recht gut und ist es nach harten Kämpfen mit den Mächten des Winters, die in Gestalt unserer Rosa manchmal sehr unangenehm geworden sind, wieder schön warm & heiter.

In aufrichtiger Verehrung

Ihr Dr. Krauseneck

Wenn Ihnen, sobald das Thermometer die Sendung gestattet, ein Kistchen mit Wein zukommt, so bitte ich ad notam zu nehmen, daß es eine Probe meines Eigenbaues ist.

Brief Metadaten

ID
27783
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Italien
Entstehungsland zeitgenössisch
Österreichisch-Ungarische Monarchie
Datierung
06.02.1893
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
4
Umfang Blätter
2
Format
12,4 x 20,3 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 27783
Zitiervorlage
Krauseneck, Gustav Adolf an Haeckel, Ernst; Triest; 06.02.1893; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_27783