Otto Lehmann-Russbüldt an Ernst Haeckel, Schmargendorf, 23. Dezember 1911

Schmargendorf, DEN 23.XII.1911.

Excellenz

Aus einem Artikel „Der organisirte Kirchenaustritt“ haben Sie vielleicht ersehen, wie diese wichtige Waffe der kommenden Weltanschauung sich jetzt entwickelt hat. Geheimrat Ostwald hat seinen Einfluss dafür geltend gemacht, dass ich die nächsten 3 Monate mich ungeteilt auf die weitere Betreibung des Planes werfen kann.

Geheimrat Ostwald hat auch meiner Frau das alleinige Recht zur Herstellung einer Plakette seines Portraits gegeben. Meine Frau hat ein nach sachverständiger Meinung achtbares Talent entwickelt, wie ich überhaupt das Glück habe, in || ihr eine geistesverwandte Freundin und Kameradin zu besitzen, trotzdem es nicht leicht ist, an meiner Seite zu leben, weil ich nur für meine Ziele lebe.

Da hätte ich nun eine Bitte. Von Ihnen, Excellenz, giebt es ja wohl bereits mindestens eine Plakette. Aber würden Sie meiner Frau das Recht geben, (ausser der Plakette von Ostwald allein) eine Plakette anfertigen zu dürfen, wo Sie und Ostwald zusammen porträtiert sind? Wir denken ja natürlich auch an den Verkauf dieser Plaketten.

Ferner: ich bin unbescheiden und habe noch eine Bitte. Aber ich darf wohl sagen, dass ich durch meine Betreibung des „Weimarer Kartells“ und des Kirchenaustritts wenigstens einen Teil des Vertrauens gerechtfertigt habe, das man auf jeden Vorkämpfer unserer Weltanschauung setzen muss. Ich hätte das in den letzten Jahren nicht durchführen können, hätte nicht Herr von Tepper-Laski seine Hand über mich gehalten – nicht bloss in materieller Beziehung. Er ist ein enthusiastischer Verehrer Ihrer Tapferkeit, aber er ist sehr verschlossen und zurückhaltend. Ich vermute aber, dass ein unmittelbares Andenken Ihrer Person ihn hoch erfreuen würde. Darf ich Sie || nun bitten, ihm ein Bild mit Ihrer Handschrift oder vielleicht die neue Auflage der Schöpfungsgeschichte zu übermitteln? Ich würde den materiellen Wert davon selbstverständlich tragen. Aber es wäre doch schön, wenn es von Ihnen käme. Ich kann nur wiederholen, dass er der Stern meines Schicksals in den letzten Jahren war. Auch gerade den Gedanken der Einigung aller freigeistigen Kräfte hat er mir immer zur Propaganda empfohlen. Es wäre aber gut, dass er nicht zu sehr meine Person dabei merkt.

Seine Adresse ist jetzt

Rittmeister a. D.

von Tepper-Laski

Berlin N. W. 6

Schiffbauerdamm 26

Ich wäre Ihnen unendlich dankbar. In Verehrung und Wertschätzung grüsst

Otto Lehmann-Russbüldt

Brief Metadaten

ID
27476
Gattung
Brief ohne Umschlag
Institution von
Komitee Konfessionslos
Entstehungsort
Entstehungsland aktuell
Deutschland
Entstehungsland zeitgenössisch
Deutsches Reich
Datierung
23.12.1911
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
3
Umfang Blätter
2
Format
22,2 cm x 28,8 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 27476
Zitiervorlage
Lehmann-Russbüldt, Otto an Haeckel, Ernst; Berlin-Schmargendorf; 23.12.1911; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_27476