Otto Lehmann-Russbüldt an Ernst Haeckel, Schmargendorf, 22. Januar 1912
Schmargendorf, DEN 22.I.1912
Excellenz
Ich war vor 8 Tagen in Ihrer Geburtsstadt Potsdam. Es war herrlichstes Wetter. Ich musste deshalb sehr an Sie denken, weil ich zum Oberpräsidium ging, um folgende Sache durchzusetzen.
Anfang Oktober schlug ich vor, Kirchenaustrittsmarken als Briefverschluss etc auszugeben à 3 rℓ. Wir bilden keinen Verein und müssen, solange wir existieren, Einnahmen haben. Schon um den armen Leuten den Kirchenaustritt zu ermöglichen.
Im letzten Augenblick entstand || die Gefahr, dass die Regierung Schwierigkeiten macht. Ich schrieb eine Eingabe an den zuständigen Oberpräsidenten und fuhr dann einfach selbst nach Potsdam, wo ich merkwürdigerweise nicht nur die Erlaubnis erhielt, sondern sogar sehr zuvorkommend behandelt wurde.
Wir haben aber beschlossen noch eine andere Marke anzufertigen, die geschmackvoller und zierlicher ist. Wir wollen den Kopf Friedrichs des Grossen prägen, nach einem Vorschlag des Herrn von Tepper-Laski, mit der Umschrift: „ In meinem Lande kann jeder nach seiner Facon selig werden“.
Weitere Marken (als Briefverschluss) stehen gern zur Verfügung. Es ist eine gute Propaganda.
Mit besten Wünschen für Ew. Excellenz Gesundheit grüsst verehrungsvoll
Otto Lehmann-Russbüldt