Lehmann-Russbüldt, Otto

Otto Lehmann-Russbüldt an Ernst Haeckel, Berlin, 24. August 1914

BERLIN W50, DEN 24.VIII.14.

REGENSBURGERSTR. 30

Ew. Excellenz

Lieber Herr Professor Haeckel,

Sehr herzlichen Dank für das „Jenaer Volksblatt.“ Wie habe ich mich gefreut, daraus zu ersehen, dass Sie immer jünger werden! Das sprüht ja darin wie von Blitzen.

Besonders hat mich interessiert das Wort vom „Westeuropäischen Kontinentalbund.“ 1910 nach der Annexionskrisis schrieb ich eine naturwissenschaftlich-politische Fantasie „Die Schöpfung der Vereinigten Staaten von Europa“, worin der jetzige Krieg als Kulturexekution gegen Russland prophezeit wird. Die Deutschen gewinnen in 5 Tagen, indem sie durch elektrische Fernzündung von Luftschiffen aus den Russen sämtliche Munitionslager || zerstören, sodass ohne blutige Schlacht die russische Armee gänzlich wehrlos ist. Frankreich und England standen beiseite neutral, weil Deutschland beruhigende Garantien gab. Wenn es nicht so kam, wie Vernunft und Kultur es erfordert, so lag es allein an England. Darin bewundere ich Sie, wie Sie als Gelehrter diesen Mittelpunkt der Situation fanden. An Frankreich lag es nicht.

Wir sind in diesen Zeiten sehr tätig. Herr v. Tepper-Laski ist ganz erschüttert durch den Krieg mit Frankreich. Er wäre nach seinen Informationen zu vermeiden gewesen. Wir müssen nach dem Kriege sehr tätig sein, denn die Reaktion wird riesig anschwellen – mindestens vorläufig.

Bitte senden Sie doch ein „Volksblatt“ an

Herrn Kurt von Tepper-Laski

Berlin IV. W. 6

Schiffbauerdamm 26

Verehrungsvoll schüttelt Ihnen die Hand

Ihr Otto Lehmann-Russbüldt,

jetzt Berlin, Regensburgerstr. 30

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
24.08.1914
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 27464
ID
27464