Eduard von Martens an Ernst Haeckel, Berlin, 1. Januar 1858
Berlin den 1 Januar 1858.
Prosit Neujahr!
Wärst Du, wo der heiße Schweiß trieft von Deiner Stirne,
Wo man zu sondiren weiß tief in Dein Gehirne;
Wo man Deinen vollen Backen, die stets lachen, manche Nuß
Freundlichst gibt, sie aufzuknacken, wärst Du, lieber Freund, am Schluß!
Wo mit heiterem Gesicht und mit Rednerschwalle
Du die Gegner alle schlägst, Professoren alle!
Wärst Du, wo Polenta bloß, wässrige Melonen,
Pomi d’oro, kindskopfgroß, sind des Tisches Kronen,
„Alberghess“ umsonst Du flehst, wenn Du willst bezahljen,
Du kein einzig Wort verstehst, wärst du in Italien.
Wo Du am Joblinersee kannst vorüber gehen,
ohne einen einz’gen Krebs, eine Schneck’ zu sehen.
Wärst Du, wo Du hasta zur Wahl, wenn Dein junges Leben
Fallen sollte Dir zur Qual, Räuber und Erdbeben; ||
Wo das Volk sich nie erhebt zu der Freiheit Rappel,
Auf der Straß’ wie Hunde lebt, wärst Du in Neapel!
Wo der Mann der Wissenschaft unverhofft kann kommen
Zu den stillen Glück, in Haft jahrelang zu brummen.
Wärst Du, wo auf weiter Welt weiter Nichts zu sehen,
Als ein graues Himmelszelt, wo die Stürme wehen,
Wo dem Herzen nah Du fühlst namenlose Leere,
An gebrochnem Innern stirbst wärst Du auf dem Meere!
Wo sich findet allerdings mancherlei Geziefer,
Haifisch, Salpen, Beroe, aber alles tiefer.
Wärst Du, wo die Menschen sich zum Vergnügen schlachten,
Wegen Deiner Weißheit Dich meuchelwürdig achten,
Ohne Anstand weiteren vor Kanonen bindjen,
Wärst Du bei den Meuterern, wärst Du in Ostindjen.
Doch vor Allem wünsch ich guten Schluß
Und „weit davon ist gut für’n Schuß.“
E. M.
NB. Die Verse sind so holperig, um Dich vom Reisen durch die Erinnerung an verschiedene Postrouten abzuhalten.
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