Monjé, Paula (1849-1919)

Paula Monjé an Ernst Haeckel, Berlin, 03. Januar 1917

DEUTSCHER LYCEUM-CLUB

BERLIN W. 62, DEN 3/1 1917

LÜTZOWPLATZ 8 – FERNSPR.: LÜTZOW 3335

GESCHÄFTSSTELLE LÜTZOW 574 (10–2).

Hochgeehrter Herr Professor!

Als ich bei Ihnen war, da leuchtete der „rötlich“ strahlende Gipfel im herrlichsten Frühlingssonnenschein, und die gleich gepflanzten und sich ungleichmäßig entwickelten Kastanien leuchteten rot und weiß blühend aus dem herrlich blühend und grünen Parket zu unseren Füßen und wir standen inmitten dieses Frühlingsglanzes! ||

Nun aber lebt man wie ein Fisch in grauem Nebelwasser und anstatt rötlich strahlender Gipfel herrscht grau in grau – und die Sonne blüht als Ableger durch eine elektrische Birne – aber wenn ich an Sie und die Stunden in Jena denke, so blüht es in mir und längst wollte ich Ihnen eine Freude machen, aber ich kam nicht dazu, da ich sehr viel zu tun hatte und mehr wie 5 Monate auf Reisen war. Jetzt nach Weihnachten mache ich wieder ein Spritztourchen, war in Dresden, wo ich meines || Gebhardt 100 Bilder zählende Ausstellung sah, und die herrliche Gallerie nach aller Zeitmöglichkeit genoß, nun Berliner Freunde genieße, und Schluß mache in meiner eignen großen Ausstellung in Kiel.

Ja, das war ein langer Satz! Dadurch versäumte ich, Ihnen zeitig meine herzlichen Wünsche zum Neuen Jahr zu Füßen zu legen, und meine demütige Freude auszusprechen, daß Sie sich im Herbst noch nicht haben verbrennen lassen, und so – Hoffnung besteht, daß später Ihr || Skelett als Prachtexemplar in einer phyletischen Sammlung prangt. Ich aber bete, Gott, schenke diesem prächtigen Menschen noch manches Erdenjahr, und dann ein „seliges Jenseits“.

Mit vielen Grüßen

Ihre sehr ergebene

Paula Monjé

aus Düsseldorf

25 Rochusstr.

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
03.01.1917
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 25850
ID
25850