Heinrich Eggeling an Ernst Haeckel, Jena, 18. Oktober 1888
Jena 18 Octbr 1888
Hochverehrter Herr Professor!
Da Sie dem feierlichen Acte gestern nicht beiwohnen konnten, – was allgemein bedauert wurde, so gestatten Sie mir Ihnen kurz darüber zu berichten. Der an mich ergangenen Einladung folgend hatte ich mich früh nach Weimar begeben. Um 11 Uhr waren wir, Dr. von Ritter, Guyet und ich bei Sr. Excellenz im Sitzungszimmer versammelt. Nach einer längeren Rede Sr. Excellenz, in welcher das hochherzige Vorhaben Dr. von Ritters in sehr wohlthuender Weise anerkannt und ihm der Dank des Großherzogs wie der übrigen hohen Nutritoren der Universität ausgesprochen wurde, übergab Dr. von Ritter in schöner mit CA gezierter Hülle einen Check auf die Reichsbank im Werthe von 170000 M. Hierauf ergriff ich das || Wort, um zunächst Ihrem lebhaften Bedauern darüber, daß Sie nicht anwesend sein könnten, dann Ihrem Danke Ausdruck zu geben, welchem ich den Dank der Universität anschließen zu dürfen glaubte, – wenn ich auch hierzu nicht beauftragt war. Es folgte eine feierliche Ansprache dieses wunderbaren Mannes, dessen Opferfreudigkeit für ideale Zwecke man immer wieder bewundern muß, wenn auch der oft unklare Inhalt seiner Rede gelegentlich zu einem Lächeln nöthigt, dem man selbst in so feierlichen Momenten nur schwera widersteht. − Hierauf wurde Herrn von Ritter die Quittung eingehändigt; er begehrte nochmals ausdrücklich, daß er die Erträgnisse der Stiftung namentlich auch zu transatlantischen Reisen benutzt sehen möchte; denn die jungen Zoologen müßten hinaus. Die Alten aber wünschte und hoffte er, daß sie eine Reise nach Australien unternehmen möchten, um || dort die (Cloaken?)-Thiere zu studiren und ein Denkmal zu setzen – nicht ihm, sondern dem Großherzog und den hohen Nutritoren überhaupt, unter derenb Schutze wieder einmal eine neue Lehre ausgegangen sei.
Bezüglich des erst geäußerten Wunsches wurde eine Niederschrift aufgenommen, welche Herrn von Ritter beruhigte. Sie sind durch dieselbe übrigens in keiner Weise in der Verwendung der Mittel beschränkt. Mündlich mehr! –
Ich begab mich dann mit p. Guyet sofort zur Bank, um wegen des Ankaufs sicherer Papiere das Nöthige anzuordnen. So wird denn die Sache hoffentlich bald in erwünschter Weise erledigt sein.
Um 3 Uhr vereinigten wir uns dann wieder und zwar an des Herrn Ministers Familientische zu einem sehr behaglichen mit manchen guten Worten gewürzten Mittagessen. Schade, daß Sie uns fehlten!
Nachher blieben Guyet und ich mit Dr. von Ritter im Elephanten || zusammen, wo wir noch mehr Gesellschaft trafen. Ritter lehnte meine Einladung nach Jena ab, weil er heute nach Leipzig und Dresden müsse; er brachte mich aber um 7 Uhr zur Bahn und wir schieden mit viel Händedrücken und schließlich mit einem herzhaften Kuß!! –
Möchten meine Worte Ihnen, lieber Herr Professor, einen fröhlichen Moment bringen in diesen ernsten Tagen, in welchen sie um das Leben Ihrer theuren Mutter bangen. Ich danke Ihnen für Ihre heute eingetroffenen Zeilen, die ich mit herzlichster Theilnahme gelesen habe. Von Herzen wünsche ich, daß Ihre Frau Mutter diese beunruhigenden Anfälle überwindet, ist es aber anders beschieden, daß ihr Scheiden ein leichtes sei!
In aufrichtiger Verehrung mit besten Grüßen
Ihr treu ergebener
Eggeling.
a eingef.: nur schwer; b korr. aus: dessen