Hellwald, Friedrich von

Friedrich von Hellwald an Ernst Haeckel, Stuttgart, 28. Dezember 1884

Stuttgart, 28. Dezember 1884

Hochverehrter Freund und Meister!

Nicht leicht konnten Sie mir eine größere Weihnachtsfreude bereiten als durch die Übersendung Ihrer Indischen Reisebriefe und – mehr noch – durch Ihre prachtvoll getroffene Photographie, welcher ich sofort die erste Stelle in meinem Album angewiesen habe. Daß mich dabei das Lob und die Anerkennung, welche Sie meinem bescheidenen Wirken und Streben spenden, nicht wenig stolz macht, können Sie sich denken. Leider hat dasselbe keine großen Erfolge mehr aufzuweisen, in so ferne als unsere Zeit sich doch merklich || von der Entwicklungstheorie abgewendet hat oder wenigstens ihr nicht mehr das nämliche Wohlwollen entgegenzubringen scheint, wie etwa vor zehn Jahren. Natürlich lasse ich mich nicht irre machen, aber beklagen muß ich es doch. Ich habe übrigens die eingetretene Reaktion vorausgesehen und gesagt, als Nobilings Schüsse fielen, und im Grunde genommen hatte ich noch schwärzer gesehen als eingetroffen ist. Immerhin hat die Wendung der Dinge mich zum Rücktritt von der Redaktion des „Ausland“ genötigt, welches ich hätte fortan in nicht-darwinistischem Geiste führen sollena. Dazu konnte ich mich doch unmöglich hergeben. Ich trat also zurück; aber ohne Organ zur || Disposition, wie ich es beim „Ausland“ hatte, vermag ich nicht mehr so erfolgreich für unsere Idee zu wirken, wie damals. Doch läßt sich daran nichts ändern.

Auch ich, verehrter Herr Professor, benütze diesen Anlaß um Ihnen zum Jahreswechsel meine herzlichsten, innigsten Glückwünsche zu senden. Behalten Sie auch im neuen Jahre in gutem Angedenken Ihren

verehrungsvoll ergebenen

Hellwald

a irrtüml.: sollte

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
28.12.1884
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 25523
ID
25523