Coburg, Probstgrund 6
5. Juni 11.
Eure Exzellenz!
Hochverehrter Herr Geheimrat!
Sehr erschreckt über den schweren Unfall, der Eure Exzellenz betroffen hat, möchte ich mir erlauben mit dem Ausdrucke meiner grössten Verehrung zugleich die herzlichsten Wünsche zu Ihrer baldigen Genesung und Wiederherstellung zu verbinden.
Der Wunsch aller Ihrer Anhänger ist es Eure Exzellenz am Monistenbundestag zu Hamburg in voller Frische präsidieren zu sehen.
Dieser, auch mein Wunsch, löst eine Sorge und Bitte aus.
Ich habe heuer das zweite Jahr || die Ehre auf der Rednerliste des Deutschen Monisten Bundes zu stehen u. habe schon in mehreren Ortsgruppen gesprochen.
Es liegt natürlich sehr nahe, dass ich den lebhaften Wunsch hege, den Bundestag zu besuchen, teils zur Vertiefung der Ideen, teils um Fühlung mit den führenden Persönlichkeiten zu bekommen.
Allein das ist mir pekuniär unmöglich, denn ich bin eine schwer um die tägliche Existenz ringende Frau und Mutter, ich erhalte mich und meine 15jährige Tochter von dem spärlichen Ertrage meiner Vorträge u. da sind mir solche Ausgaben unmöglich.
Ich bitte Eure Exzellenz es nicht als aufdringlich zu betrachten, sondern nur als einen Ausfluss || meiner monistischen Gesinnung, wenn ich mir die Frage erlaube, ob ich nicht ein Stipendium haben könnte oder Eure Exzellenz vielleicht einen begüterten Gesinnungsfreund dazu gewinnen könnten, um die Reise, bezw. den Besuch des Monistentages zu ermöglichen.
Nochmals die aufrichtigsten Wünsche zu Ihrer Genesung wiederholend verbleibe
in grösster Verehrung
Eurer Exzellenz
ergebenste
Clara Ebert
Schriftstellerin u. Rednerin.
Mitglied des Deutschen Monisten Bundes