Wilhelm Ostwald an Ernst Haeckel, Grossbothen, 8. April 1914
WILHELM OSTWALD
GROSS-BOTHEN, DEN 8.4.1914
LANDHAUS ENERGIE
Herrn Professor Dr. Ernst Haeckel, Exc. Jena, Bergstr.
Lieber und verehrter Freund
Dr. Aigner fühlt sich durch die Angriffe des Herrn Dr. Breitenbach gemäss dem beiliegenden
Zeitungsausschnitt in seiner überaus wertvollen Propagandaarbeit für unsern Bund erheblich gestört und bittet mich, dass ich Sie um eine Äusserung ersuchen möchte, welche den Tatbestand dahin zurechtstellt, das Aigner seinerzeit, um den Monistenbund aus einer schwierigen Lage zu helfen, den Vorsitz übernommen und hernach zur Zufriedenheit
weitergeführt habe. Da ich, wie Sie wissen, damals nicht im Bunde war und von den damaligen Ereignissen nur die Darstellungen der gegnerisch oder aktiv Beteiligten habe, so bin ich nicht in der Lage, etwas zur Sache zu schreiben, und möchte daher Ihnen anheim
geben; Dr. Aigner oder mir eine entsprechende Äusserung zukommen zu lassen. ||
Ich weiss, dass Sie mir gelegentlich schon mitgeteilt haben, dass Dr. Breitenbach sich auch nicht durch Sie in seinem überaus törichten und unzweckmässigen Kampf gegen den
gegenwärtigen Monistenbund hat beeinflussen lassen. Tatsächlich tut er sich nichts Gutes
damit und liefert nur den Gegnern billige und nicht immer ehrliche Mittel, uns zu bekämpfen.
Es ist natürlich ganz ausgeschlossen, dass er sich auf solche Weise, wie er dieses wiederholt versucht hat, eine Position im Monistenbunde schaffen kann. Im Gegenteil hat er sich durch dies Verhalten die Aussicht darauf für absehbare Zeit vollständig vernichtet.
In der Hoffnung, dass dieser Brief Sie fröhlich und gesund antreffen wird, bin ich mit den
herzlichsten Grüssen
Ihr ganz ergebener
W Ostwald