Finsterbusch, Ludwig

Ludwig Finsterbusch an Ernst Haeckel, Halle, 20. Februar 1852

Halle, den 20. Febr. 52.

Lieber Ernst!

Noch zu lebhaft erinnere ich mich der Stunden, wo ich nach Erfahrung des Resultates der lateinischen Arbeit in Wonne und Freude zerfloß, als daß ich mir nicht vorstellen könnte, in welcher Stimmung Du den 14. Februar zugebracht hast. Auch legte Dein lieber Brief, so lustig, launig, muthwillig u. keck geschrieben, Zeugniß genug davon ab. Ich gratulire Dir hiermit als stud. medicinae.

Henkel dauert mich recht sehr. Schon an Weihnachten, als ich ihn besuchte, hatte er große Besorgnisse, u. nun sind sie auch wirklich in Erfüllung gegangen. Dagegen freut es mich, daß Dein Fuß wieder heil ist. Ich leide an dem meinigen immer noch. Am Montag vor 8 Tagen habe ich mir eine alte || Wunde wieder öffnen lassen u. konnte deswegen mehrere Tage nicht ausgehen. Übrigens ist dies nur vortheilhaft. Blasius hat mir dadurch in Aussicht gestellt, daß der Fuß vollständig ausgeheilt und auch viel gerader werden würde. Freilich so, wie der andere Fuß, würde er nimmermehr werden, dazu sei das Übel zu groß gewesen.

Ich habe mich daher, was Dich vielleicht sehr wundern wird, a entschlossen, umzusatteln und Philologie zu studiren. Mehr werde ich Dir noch davon späterhin zu sagen haben.

Ich danke Dir für den Gruß von Gandtner. Was Du mir von Hieke geschrieben hast, hat mich in Staunen gesetzt. Indessen kann man daraus, daß er Religionsunterricht erteilt, noch nicht sicher und weit genug schließen. Es käme darauf an, dem Unter- || richt einmal beiwohnen zu können.

Damit wir uns ja bei Deiner Durchreise nach Berlin treffen, so schreib mir doch vorher, so komme ich auf den Bahnhof u. hole Dich ab; denn es schließen sich ohnehin, wenn ich nicht irre, die Berliner Züge nicht unmittelbar an die Thüringer an.

Inzwischen ochse nicht so viel!

Maß halten ist ja in allen Dingen gut; und bleib mein alter guter Freund.

In Erwartung eines fröhlichen Zusammentreffens

Dein alter treuer Freund,

Ludwig Finsterbusch.

NB. Am Dienstag war Studentenversammlung, in welcher Landsmannschaften u. Kameele zusammen gegen die Chorburschen reagirten. ||

Dem Abiturienten Ernst | Häckel | zu | Merseburg. | d. F.

a gestr.: auch

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
20.02.1852
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 2307
ID
2307