Paul von Rautenfeld an Ernst Haeckel, Zürich, 7. März 1915
Zürich, d. 7. März 1915.
Hôtel Neptun, Seefeldstr. 15.
Hochgeehrter Herr Professor.
Meinen herzlichsten Dank für Ihren liebenswürdigen Brief vom 25. vorigen Monats. Es hat mir sehr leid getan zu hören, daß es Ihnen und Ihrer Frau Gemahlin gesundheitlich nicht sehr gut geht. Ich hoffe, daß der kommende Frühling mit seinem wärmeren und gesunderem Wetter Ihnen wohltun wird.
Gerade als ich mich mit Herrn Professor Hescheler besprochen hatte was ich alles im nächsten Semester studieren || würde, und ich mich ganz besonders gefreut hatte bei ihm im zoologisch-vergleichend anatomischen Vollpraktikum mich näher vertraut zu machen mir der Benutzung des Thermostats und der Herstellung von Schnittserien und mikroskopischen Dauerpräparaten, erhielt ich ein Telegramm aus Peking, das mich sofort nach China zurückberuft. Das war für mich wohl eine recht große Enttäuschung, zumal da ich die gegenwärtigen Universitätsferien noch in Rapallo zu verbringen wünschte.
Den 15ten nächsten Monats breche ich bereits, wahrscheinlich von Brindisi, per holländischen Postdampfer über Padang nach Shanghai auf. In Padang beabsichtige ich, falls die Zeit es gestattet, auf vierzehn Tage meine Reise || zu unterbrechen und dann von den „Malayischen Reisebriefen“ mich auf meinen Ausflügen in Sumatra leiten zu lassen. Ich würde Ihnen auch, hochverehrter Herr Professor, zu großem Dank verpflichtet sein, wenn Sie mir vielleicht auf Ihrer Visitenkarte ein paar Worte des Grußes an Ihre dortigen Freunde mitgeben wollten. Vor Jahren lernte ich einen Wiener Arzt mit seiner Frau bei Ihnen kennen, welcher mir damals ein Einführungsschreiben an seine oder seiner Frau Verwandte in Padang gab, doch habe ich jenes Schreiben nicht bei mir.
In der Hoffnung auf ein Wiedersehen in Jena nach ein paar Jahren verbleibe ich mit bester Empfehlung an Ihre Frau Gemahlin
Ihr ganz ergebener
P. von Rautenfeld