Ernst Reimer an Ernst und Agnes Haeckel, Harzburg, 19. August 1892
Georg Reimer in Berlin.
S. W. Anhaltstr. 12.
Burgberg bei Harzburg
19. August 1892
Liebes hochverehrtes Ehepaar
Wir gratuliren von ganzem Herzen, daß Ihr die ersten 25 Jahre Eures Ehestandes so schön verlebt habt, wir wünschen, daß Ihr den Silberhochzeitstag mit Euren Kindern in heller Freude feiern möget, und wünschen ganz besonders, daß Ihr den Tag der goldenen Hochzeit ebenso froh mit Kindern und Kindeskindern feiern dürfet.
Meinem lieben Schwager Ernst danke ich bei dieser Gelegenheit vielmals für die Zusendung der Jenaischen Festzeitung und ich würde um Entschuldigung bitten, daß ich so spät damit komme, wenn ich nur eine Entschuldigung vorzubringen hätte; die, daß ich auf Reisen immer an der denkbar || größten Schreibfaulheit kranke, wirst Du nicht gelten lassen, der Dir jede Art von Trägheit fremd ist. So denke ich mir auch, daß alle guten Deutschen vor allem Dir, Deiner unablässigen Rührigkeit und Energie die wunderbar schöne und herzerquickende Bismarckfeier zu verdanken haben. Es muß erhaben gewesen sein für jeden Theilnehmer, besonders aber für unseren so mit Undank belohnten großen Bismarck selbst. Die beglückende Freude, die Ihr dem Alten in Jena bereitet habt, wird ihn viele erfahrene Unbill vergessen lassen und einige Jahre länger als sonst am Leben halten. Ueber den Aerger des Freisinn’s und des Centrums freue ich mich ganz diebisch.
Nun noch einmal unsere besten Wünsche für Euch Lieben, seid || recht fidel und grüßt mir Eure Kinder vielmals, schönstens
Euer treuer E. Reimer