Reimer, Ernst

Ernst Reimer an Ernst und Agnes Haeckel, Bad Kissingen, 19. Juni 1889

Bad Kissingen 19. Juni 89

Georg Reimer in Berlin.

S. W. Anhaltstr. 12.

Lieber Ernst, Liebe Agnes

Für Eure freundlichen Briefe, die ich über Berlin eben erhalten, für Eure liebevolle Theilnahme an dem Schmerz, den wir durch den Tod unsrer lieben guten Mutter erfahren haben, sage ich Euch Lieben von Herzen meinen Dank.

Als ich mich am 25. Mai nach Kissingen auf den Weg machte, konnte ich mich ganz unbesorgt von meiner Mutter verabschieden; ihr Zustand war nicht anders, ihre Schwäche nicht größer als während der vielen Monate zuvor. So wurde ich denn aufs traurigste überrascht, durch die erste bedenkliche Nachricht, der schon wenige Stunden später die Todesanzeige folgte. Aber unsere Mutter ist, das dürfen [wir] uns tröstend sagen, ohne langen || Todeskampf, kaum bettlägerig nur an Altersschwäche gestorben; einer an sich ganz unbedeutenden Magenverstimmung konnten die gesunkenen Kräfte nicht mehr widerstehen.

Ich mußte nach 3 tägigem Aufenthalt wieder nach Kissingen zurück, ich durfte meine Kur nicht länger unterbrechen. Eine Leberanschwellung, ein ganz verhunzter Magen und wüthende neuralgische Schmerzen im ganzen Oberkörper machten mich elend, trieben mich zurück. Gut geht es mir hier noch immer nicht, aber die Schmerzen treten seltener auf. Hoffentlich hilft der Ragotzy und das Soolbad weiter.

Marie und Else waren auch auf einige Tage nach Berlin gekommen. Greti die immer noch an den Folgen eines Gelenk-Rheumatismus zu leiden hat, mußte bei Tante Klara in Driburg bleiben. Nach Mariens letzten Brief ist Greti auch immer || noch nicht wieder ganz auf dem Damm.

Mit Deinem Vorschlag, lieber Ernst, die Zahl der Schöpfungsgeschichten-Vorträge von 24 auf 30 zu erhöhen bin ich ganz einverstanden, da der Umfang des Buches dadurch nur um 3 Bogen höchstens größer werden wird. Dagegen muß ich einer Theilung der neuen Auflage in zwei Bände, wenn auch mit durchlaufender Seitenzählung, in meinem Interesse widersprechen. Genügt es Dir nicht, wenn die Komposition Deines Buches, die Zusammengehörigkeit der Vorträge I-XI und der Vorträge XII-XXX durch Einschaltung von Schmutztiteln gekennzeichnet wird? Der Schmutztitel für die Vorträge I-XI müßte dann hinterher mit Titel, Vorwort und Inhalt gedruckt werden.

Ich freue mich, daß Du die Kupferplatten, bis auf die eine, schwarz drucken lassen willst. Ich schicke Dir schwarze Andrucke, wenn ich nach Berlin komme; anfangs Julia.

Nochmals tausend Dank. Viele Grüße an die lieben Nächsten

Euer treuer Ernst Reimer

Deine Adresse an das römische Bruno-Comité gefällt mir sehr. ||

[Beilage]

Heute Nachmittag 3½ entschlief sanft unsere liebe

Mutter, Schwiegermutter und Grossmutter die verwittwete

Frau Georg Reimer, Marie

geb. Stavenhagen

im 79sten Lebensjahre.

Berlin, den 8. Juni 1889.

Die Hinterbliebenen.

Die Beerdigung findet Dienstag den 11. Juni Morgens 10 Uhr von der Leichenhalle des Dreifaltigkeits-Kirchhofes in der Bergmannstrasse statt.

a gestr. August, eingefügt: Juli

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
19.06.1889
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 21063
ID
21063