Reimer, Georg

Georg Ernst Reimer an Ernst Haeckel, Berlin, 30. Mai 1862

Berlin, 30ter Mai 1862

Lieber Ernst,

Ueber den Inhalt Deines heute erhaltenen Briefes habe ich mich sehr gefreut, und wünsche von Herzen Glück, daß das Ziel Deiner Wünsche und mühevollen Anstrengungen nun so nahe vor Dir steht. – Ich kann Dir auch die beruhigende Versicherung geben daß Du keine neuen Probetafeln für das Colorit zu machen brauchst; sie haben sich bei Wagenschieber gefunden und der Colorist hat schon einige in Arbeit.

Mit dem hiebei folgenden 47ten Correcturbogen erhältst Du auch einige Probedrucke die mir der Kupferdrucker heute geschickt hat. Wegen Beschleunigung des Drucks habe ich auch schon mit den Setzern gesprochen und sie ernstlich angetrieben. Ich wiederhole, daß was Du zur Beschleunigung der Correcturen namentlich auch durch Vermeidung von Abänderungen und Zusätzen die wieder Revisionszusendungen nöthig machen, thun kannst, auch wesentlich zur Beschleunigung des Drucks beiträgt; denn trotz dem sehr ansehnlichen Vorrath an Schrift d. h. Typen ist es doch mehrmals vorgekommen, daß so viel Bogen in Correctur waren, daß die Setzer nur aus Mangel an Schrift nicht weiter setzen konnten bis wieder ein Bogen gedruckt und abgelegt war. Es geht bei diesem Format sehr viel auf einen Bogen. Ich bin ganz mit Dir einverstanden, daß || in der ersten Hälfte des August alles ausgedruckt sein muß, und denke es wird auch möglich sein. – Deine Bekannten müssen schlimme Autoren für die Setzer sein, wenn Deine schlimmsten Correcturen gegen ihre noch gelinde sind. Die Naturforscher scheinen das so an sich zu haben, denn einer der schlimmsten darin war Johannes Müller. Ich habe Correcturen von ihm in der Druckerei gehabt, bei denen der Setzer (buchstäblich ohne Uebertreibung) zweifelhaft war, ob er anfangen sollte den Satz zu corrigiren oder nicht lieber den Bogen nach der Correctur von neuem setzen; und dann war wieder die Revision mitunter auch noch nicht viel besser. Ebenso machte es der Mathematiker Jacobi, der versicherte erst wenn er seinen ganzen Aufsatz gedruckt vor sich sähe, würde ihm sein Problem recht klar und dann könnte ers erst gehörig verarbeiten und in die rechte Form bringen. Das ist dann für die Setzer zum verzweifeln und nimmt ihnen alle Lust an der Arbeit; es kommt ihnen ganz sündhaft vor Alles wieder zu verwerfen und durchzustreichen was sie mühsam Type vor Type zusammengesetzt haben, denn ihre Arbeit denken Sie doch, ist die Hauptsache.

Bei uns geht es Gott sei Dank gut. Heute vor acht Tagen war die Hochzeit von Sydow und meiner Schwägerin Lisbeth. Gestern Abend ist das junge Paar von seiner Hochzeitsreise sehr munter zurück-||gekehrt, und eben sind sie drüben bei meiner Mutter. Bei Moritz wird den 3ten Pfingstfeiertag Taufe sein, da wollen wir auch hinüber, Onkel Julius und meine Frau werden bei dem kleinen Mädchen Gevatter stehen. Im Juli gehen wir vielleicht d. h. ich mit Frau und Kindern auf etwa 14 Tage nach Thüringen, vielleicht nach Ilmenau, das mir Hirzels sehr gerühmt haben.

Daß Du die Pfingstfeiertage wahrscheinlich nicht in Jena bist werde ich beachten und die Correcturen danach einzurichten suchen. – Daß es mit Deinen Vorlesungen so gut geht ist ja sehr erfreulich. – Mach jetzt nur dem Geheimniß bald ein Ende; bis dahin aber werde ich’s bewahren.

Mit herzlichen Grüßen

Dein G Reimer

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
30.05.1862
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 20991
ID
20991