Ernst Reimer an Ernst Haeckel, Berlin, 17. Februar 1871
Berlin den 17. Febr. 71
Mein lieber Ernst
Du hast mich mit Deinem Gevatterbrief sehr erfreut und ebenso geehrt. Ich nehme diesen Vertrauensposten in Deiner Familie mit bestem Danke an und mit den ernstesten Vorsätzen Deinem Töchterchen ein besonders zugethaner Onkel zu werden.
Am Montag Abend werde ich Sorge tragen, daß Euch die Ohren klingen.
Wir haben uns Alle recht sehr gefreut daß Du Dich in Jena hast halten lassen und das nun um so mehr als Du in Wien bei dem sich jetzt allen Anschein nach || dort vorbereitenden klerikalen Regierungssystem für die Dauer Dich unmöglich behaglich gefühlt haben würdest. Wir geben hier die Hoffnung auf einen Anständigen Cultusminister nicht auf und das widerwärtige Faulthier der Peters ist gar nicht zu rechnen, so daß wir mit Mühlers Ausgang wohl auf Deinen Eingang hier rechnen dürfen vorausgesetzt daß Du für eine Berliner Professur Dich überhaupt erwärmen kannst.
Von Darwin wird jetzt ein neues Buch „Descent of Man“ angekündigt, welches a für die 3ten Auflage || Deiner Schöpfungsgeschichte, die wir in nicht allzu langer Zeit werden drucken müssen, recht gelegen kommt.
Hier bei uns und auch in der Schellingstraße geht es gut, unser Gretchen fängt an uns sehr zu amüsiren.
Nun grüße mir Alle recht herzlich besonders Deine Frau von der ich hoffe, daß sie sich in aller Kürze wieder völlig gesund fühlen wird.
Treulichst
Dein Ernst Reimer
a gestr.: Dir