Paul Rottenburg an Ernst Haeckel, An Bord der „Moro Castle“ Veracruz-New York, 6. März 1910

An Bord der „Moro Castle“

Veracruz-New York

6 Maerz 1910

Liebster Freund!

Nach sehr genußreichen 14 Tagen in Mexico vorgestern Veracruz auf dem Heimwege verlaßen. Filius Francis verließ mich u. Filius Harry auf dem Wege nach Mexico City in St Louis Potosi und fuhr nach Tampico, Tarpans fangen – hat auch 7 Stück erlegt. – Filius Harry wollte früher nach den Staaten und so reiste ich allein nach Puebla von dort nach Oaxaca –Tehuacan Orizaba. In Orizaba stieß am 2/3 Filus Francis zu mir wir machten eine Expedition nach Atoyac und fuhren zusammen nach Veracruz. – Ich wünschte ich hätte Dich mitgehabt. Die Fahrt Puebla – Oaxaca ist zauberhaft – die herrlichste Gebirgsbahn die ich mir denken kann || Oaxaca sehr schön gelegen interessant – die Excursion nach dem Riesenbaum in Tedi (4000 Jahre alt) und von dort weiter nach Mitla mit sehr interessanten Ruinen brillant. – Mit Dir hätte ich das Alles noch sehr viel mehr genoßen. – Der Landweg war so ermüdend – langweilig und staubig daß ich mich für den Rückweg per Waßer entschloß und es bislang noch nicht bereue. –

Das Wetter ist bislang perfect – goldig war uns entzückende Seebrise. – Gestern liefen wir Progresso an und nahmen Passagiere und Ladung an Bord – u. A. eine Anzahl Riesenschildkröten – die armen Thiere mit durchlöcherten und gefeßeltena Finnen hülflos auf dem Rücken liegend ohne jede Nahrung – nur jeden Morgen mit Seewaßer begoßen. Den Stierkampf verdammt fast Jeder aber über zahllose Grausamkeiten gegen kleinere Thiere sehen die Menschen hinweg. – Orizaba mit dem Blick || auf den Orizaba Peak und die anderen herrlichen Berge ist sehr schön. –

In Orizaba lernten wir auch einen deutschen Apotheker einen mexicanischen reizenden alten Gärtner kennen der vor Jahren mit einem deutschen Botaniker auf Orchideen Jagd gegangen ist und ihm seine botanischen Kenntniße verdankt. Wir arrangirten mit ihm den Ausflug nach Atoyac zauberhaft gelegen und genoßen den Besuch einer riesig langen Tropfsteinhöhle und Sammeln von Orchideen ganz riesig. –

In Norfolk habe ich noch bis zum 23sten dieses zu thun und gondele dann per Mauretania heim.

Hoffentlich führt uns 1910 bald zusammen. Wann das Fest in Monaco habe ich vergeßen. –

Beste Grüße an Schwester Röschen

Stets Dein

Paul Rottenburg

a eingef.: und gefeßelten

Brief Metadaten

ID
20100
Gattung
Brief ohne Umschlag
Entstehungsort
An Bord
Datierung
06.03.1910
Sprache
Deutsch
Umfang Seiten
3
Umfang Blätter
3
Format
19,3 x 25,0 cm
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 20100
Zitiervorlage
Rottenburg, Paul an Haeckel, Ernst; An Bord; 06.03.1910; https://haeckel-briefwechsel-projekt.uni-jena.de/de/document/b_20100