Holmhurst
Dowanhill Gardens
Glasgow
14 Oct. 1902.
Liebster Freund!
Da ginge man wieder mal seit Anfang vorigen Monats in der alten Tretmühle und muss der Sonne auf lange Zeit hinaus Valet sagen – ganz genug um einem melancholisch zu stimmen. – „Schwamm drüber“. –
Für Postkarten ‒ Kunstformen Theil 7 und „Biogenetisches Gesetz“ vielen herzlichen Dank. ‒
Die andern Empfänger der „Kunstformen“ werden sich hoffentlich direct bedankt haben. –
Der Aufenthalt in Heustrich || war nicht anstrengend nur das Zusammensein mit meinem nervösen Bruder Etwas angreifend. –
Dazu Wetter sehr unbeständig. –
Auf dem Rückwege benutzte ich 2 Stunden Aufenthalt in Basel um bei Ritter vorzusprechen. Nach unendlich langem Warten u. unermüdlichen Klingeln kam eine alte Weibsperson angewackelt – wußte nicht ob Ritter zu Hause – nahm meine Karte durch das verschloßene Gitter in Empfang und erklärte endgültig Ritter sei ausgegangen. Nach Hause zurückgekommen schrieb ich einen sehr artigen und wie ich mir einbilde diplomatischen Brief an Ritter || bin aber ohne Antwort geblieben und bin jetzt fest überzeugt Ritter hat sich seiner Zeit verleugnen lassen. – Gegen solche Dummheit kämpfen Götter selbst vergebens – wie viel mehr ich. – Gesehen hätte ich dieses Unicum doch gerne. –
Von Heinrich hatte ich ein paar „Illustrirte“ aus den südlichen Dolomiten. –
Hoffentlich hast Du die Deinen gesund angetroffen und bist selbst erfrischt an Deine Arbeit zurückgekehrt. –
1903 mußt Du jedenfalls Dir die Millport Station ansehen und dredgen kommen. Wir koennen Krupp dazu || einladen. Wie gerne wäre ich seiner Zeit länger auf dem Hügel geblieben. ‒ Ich ging den letzten Sonnabend im September nach Millport hinunter und machten wir zwei sehr gute & ergiebige Züge. Die Station ist gepfropft voll von lebenden und präparirten Sachen – Vorrath für den Winter, denn der Dampfer ist bereits aufgelegt bis zum nächsten Frühjahr. –
Mit vielen herzlichen Grüßen von Haus zu Haus
Stets Dein
Paul Rottenburg