Haeckel, Ernst

Ernst Haeckel an Luise Hilger, Jena, 14. Juli 1919 [Abschrift]

Jena 14.7.1919

Liebe hochverehrte Freundin!

Nur mit wenigen Worten kann ich Ihnen heute ein flüchtiges Lebenszeichen geben. Ich bin seit 4Wochen sehr krank, in Folge eines unglücklichen Sturzes, den ich mir bei einem plötzlichen Schwindelanfall zugezogen hatte. Eine neue Verletzung meines kranken Beines hindert mich sowohl am Gehen als am Ausfahren. Ich bin also ganz an das Zimmer gebunden, in welchem ich mit Lesen und Schreiben die Zeit hinbringe. Unsere trostlose politische Lage, die ich ganz pessimistisch beurteile, nimmt mir überhaupt jeden Rest auf Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Daß unser Freund, mein treuer Archivar Dr. Heinrich Schmidt von der Staatsregierung in Weimar den Titel „Professor“ erhalten hat, wird Sie ebenso wie mich erfreut haben. Er ist jetzt sehr tätig und hält monistische Vorträge in verschiedenen Städten. Im Anfang September wird er auch dem Monisten-Kongreß in Hannover beiwohnen und Sie bei dieser Gelegenheit besuchen. –

Seitdem vorgestern endlich die grausame „Hunger-Blockade“ aufgehoben ist, bessern sich unsere Ernährungs-Verhältnisse auch hier wesentlich. Ich wiederhole Ihnen meinen herzlichsten Dank für Alles, was Sie selbst bisher dafür getan haben.

Mit herzlichsten Grüßen stets Ihr treu ergebener

Ernst Haeckel

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
14.07.1919
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
Unbekannt
ID
19452