DR. JULIUS SCHAXEL Palma de Mallorca, DEN 22ten Aug. 1913.
Hochverehrter Herr Geheimrat,
In zwei Wochen hoffe ich Ihnen schon mündlich von diesem spanischen Sommer berichten zu können. Das halbe Jahr, das wir von Jena fort sind, ist unglaublich rasch vergangen. Unter dem hier wirklich immer heiteren Himmel (wir hatten keinen einzigen Tag mit Regen, sondern nur zwei nächtliche Gewitter) folgt ein Tag dem anderen und einer gleicht dem anderen in seinem Mangel sensationeller Ereignisse, so daß Mallorca den Namen isla de calma mit Recht verdient. Professor Odon de Buen, dem ich aus Ihrem letzten Briefe erzählte, daß Sie einmal die Absicht hegten hieher zu kommen, redet mit südländischen Eifer auf mich ein, ich möchte nichts unversucht lassen Sie zu bestimmen Ihre Absicht auch jetzt noch auszuführen. Er will Ihnen seine große, ausgezeichnet gelegene Villa, von der man einen prächtigen Blick auf die Bahia de Palma genießt, ganz zur Verfügung stellen. Auch ich glaube, daß die Schwierigkeiten der Reise keine unüberwindlichen sind und, einmal hier, würde sich alles einrichten lassen. Die abwechslungsreiche Landschaft || der Balearen scheint mir zum Malen noch mehr einzuladen als die Italiens (leider verstehe ich mit dem Pinsel nichts auszurichten!). Schon der im Süden seltene Anblick bewaldeter Berge (Pinus halepensis, Steineichen u.s.w.) ist besonders reizvoll. Auch habe ich nirgends in Italien eine so klare Luft und eine so helle Sonne getroffen wie hier. Die Sommerhitze mildert das Meer und im Winter bringen südliche Winde Wärme aus Afrika. Die Bewohner sind etwas verschlafen, aber liebenswürdig und durchaus ehrlich. Wir gehen in der Tat nur ungern fort.
Ende Juli haben wir einen Ausflug nach dem spanischen Festland gemacht und die Feria in Valencia (großes Volksfest mit corridas de toros u.s.w.) besucht. Jetzt werden wir uns noch einige Tage in Barcelona aufhalten und dann ziemlich direkt nach Jena fahren, wo ich Prof. Unna treffen soll.
Wir freuen uns Sie bald wiederzusehen und hoffen nur Sie gesund und heiter anzutreffen. Mit der Bitte uns Ihrer Frau Gemahlin zu empfehlen grüßen meine Frau und ich Sie recht herzlich.
Ihr treuer Schüler
Jul. Schaxel.