Schulze, Franz Eilhard

Franz Eilhard Schulze an Ernst Haeckel, Berlin, 29. Mai 1889

BERLIN N., INVALIDENSTR. 43.

d. 29. Mai 89.

Lieber Kollege!

Von Herrn Dr. Johannes Thiele, welcher bei mir seine zoologische Ausbildung erhalten hat und später in der Neapler Station mit Erfolg gearbeitet hat, kann ich Ihnen Folgendes melden: Er ist ein ziemlich gut durchgebildeter, kenntnisreicher Mann, welcher die neuere Technik gut beherrscht und ein eigenes Urtheil hat. Ich kenne ihn || als einen stillen, fleißigen, aber sehr wenig animierten Arbeiter, welcher im Ganzen einen fast langweiligen Eindruck macht, aber docha mehr Gedanken hat, als es bei oberflächlicher Bekanntschaft den Anschein hat. Ich halte ihn für einen redlichen und anständigen Menschen, der jedoch etwas langsam und ungewandt ist, und des Anstoßes bedarf. Als er sich trotz meiner eindringlichen Warnung ganz der Zoologie zuwandte, entkräftete er etwas || meine Einwendungen mit der Angabe, daß er ausreichend bemittelt sei, um nöthigen Falls auch ohne andere Einnahmen existieren zu können. Wie sich dies nun nach seiner Verheiratung verhält, kann ich nicht sagen. Mir scheint es, als ob es ihm jetzt nur darauf ankommt, sich irgend wo zu habilitieren. Ansprüche wird er nicht machen, aber sehr belebend wird er auch nicht wirken.

Auf Ihre Spongienarbeit bin ich sehr gespannt. Herzlichen Gruß von Ihrem

treu ergebenen

Franz Eilhard Schulze.

a eingef.: doch

 

Letter metadata

Empfänger
Datierung
29.05.1889
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
EHA Jena, A 16676
ID
16676