Franz Eilhard Schulze an Ernst Haeckel, Graz, 23. Februar 1883
Graz d. 23 Febr. 83.
Lieber College!
Obwohl der Dr. Jickeli nur 2 Semester unter meiner Leitung gearbeitet hat, kenne ich ihn doch genau genug, um Ihnen bestimmte Auskunft geben zu können. Ich halte ihr für einen gebildeten und durchaus anständigen Mann, welcher mit einer großen Begeisterung für unsere herrliche Wissenschaft auch den nöthigen Ernst und ausreichende Energie besitzt, um selbst größere Schwierigkeiten zu überwinden. || Seine Ausbildung ist zwar nicht ganz gleichmäßig, scheint mir aber immerhin ausreichend. Bei mir hat er etwas Histiologie und Methode wissenschaftlicher Untersuchung gelernt. Er war stets sehr fleißig. In mehrfacher Richtung talentirt, hat er sich mit Vorliebe theoretischen Spekulationen hingegeben. Ich glaube, daß Sie es nicht bereuen würden, wenn Sie ihn in Jena zur Privatdocentur zuließen. Ein zweiter Richard Hertwig wird er aber voraussichtlich nicht werden.
Ich habe bis jetzt den Ruf nach || Bonn noch nicht erhalten, und nur gehört, daß ich primo loco vorgeschlagen sei. Vielleicht fürchtet das preußische Ministerium meine Forderungen und ruft lieber Weismann. Freilich kann ich nicht unter jeder Bedingung von hier fortgehen, wo es mir so gut geht; doch möchte ich – hauptsächlich meiner vier Knaben wegen – einmal wieder in’s liebe deutsche Vaterland zurückkehren.
Wann erscheinen Ihre Challenger-Radiolarien? Mit den Hexatinelliden wird es noch ziemlich lange währen. Die || Spongiengruppe, welche zuerst zur Publikation reif wird, dürften wohl die Kalkschwämme sein. Dr. Polejaeff ist sehr fleißig, und überlegt schon, welche schöne neue Form er Ihnen zu Ehren als Haeckeliana bezeichnen kann.
Leben Sie wohl, mein hochverehrter Freund, und behalten Sie in freundlicher Erinnerung Ihren
treu ergebenen
Franz Eilhard Schulze.