Weiß, Ernst

Ernst Weiß an Ernst Haeckel, Saarbrücken, 24. Februar 1861

Lieber Häckel!

Eine sehr alte Schuld trage ich ab, indem ich Dir das beifolgende Conterfei sende; aber bisher ist meine Abneigung gegen ein solches beinah so groß gewesen als die Wiecke’sche. Wie ich gehört habe, gehst Du nun gewiß nach Jena, Dich zu habilitiren u. nebenbei den Heerd zu bauen, an den Du später Jemand anders vorzugsweise zu stellen beabsichtigst. Glückauf von Herzen dazu, u. möge die Gründung auf möglichst wenig Hindernisse gerathen!

Von mir müßte ich Dir sehr viel schreiben, wenn ich überhaupt das wollte; ich tröste mich jedoch mit dem Gedanken, daß Du Hinlängliches von meiner Tante hören kannst u. vielleicht gehört haben wirst. Ich bin jetzt gern hier, aber doch nur vorläufig. Was folgen wird, muß man abwarten. Es würde mir eine große Freude sein, wenn Du in diesem Jahre von Speyer aus, wohin Du doch ohne Zweifel gehen wirst, auch einmal hieher kommen wolltest; denn daß ich nach Speyer kommen sollte, ist mir zweifelhaft. Das würde mir eine || noch größere Freude machen, als wenn Du den Dank für die Beilage nicht blos indirekta mündlich, sondern

schriftlich ausdrücktest. Und wir könnten von hier zusammen nach Trier reisen, auch vielleicht weiter auf der Mosel hinab bis Coblenz. Der Weg von Speyer hieher soll außerdem auch sehr schön sein. Es wäre der Mühe werth, u. ich würde Dich besonders davon zu überzeugen bemüht sein, daß dieser entlegene Zipfel, früherb Herzogthum Nassau-Saarbrücken, so viel Beziehungen zu Frankreich es hat, doch völlig deutsch ist. Man spricht sogar hier weniger französisch als in Berlin zum Theil.

Gern plauderte ich recht lange mit Dir, indeß ich muß schließen. Hat sich Deine liebe Mutter von ihrem Fall wieder erholt? Es that mir leid davon hören zu müssen. Du wirst so gut sein u. meine herzlichsten Grüße an Deine Eltern ausrichten, auch an Deine liebenswürdige Braut, mit Deiner Erlaubniß.

Deinen Verwandten, den H. Dir. Bode hier, spreche ich oft; er ist sehr freundlich gegen mich, wofür ich ihm u. denen, mit deren Grüßen ich von Berlin zu ihm kam, Dank weiß.

Du selbst denke

Deines Freundes

E. Weiß.

Saarbrücken d. 24/2. 61.

a eingef.: indirekt; b eingef.: früher

 

Letter metadata

Verfasser
Empfänger
Datierung
24.02.1861
Entstehungsort
Entstehungsland
Besitzende Institution
EHA Jena
Signatur
A 16649
ID
16649